In Borensberg gab es gestern Abend für uns nichts zu essen. Da wir kein Restaurant in Borensberg fanden, dass unserem Gusto gerecht werden konnte – wir hatten beide Appetit auf Pasta, sind wir nach Motala zurück gefahren. Hier haben wir am Hafen ein Beizli gefunden, das uns leckere Tagliatelle al Filetto angeboten hat. Die waren so was von fein … ein paar Pilze, ein paar Splitter Parmesan, mmmhhhh. Während des Essens trifft ein nächstes Göta-Kanalboot in Motala ein. Es ist die MS Diana, das jüngste Schiff, das 1931 in Stockholm gebaut wurde. Auf dem Rückweg stellen wir fest, dass am Freitagabend die ESC-Gewinnering 2012 – Loreen (Euphoria) in Motala ein Konzert gegeben hat. Das wäre wohl noch ein Besuch Wert gewesen, wenn … wir da gewesen wären.

Heute Morgen hatten wir den Lichtwecker auf „Gänsesound“ eingestellt. Da das Göta-Hotel so ruhig gelegen ist, konnten wir das eine Fenster unseres Zimmer „sperangelweit“ offen lassen. Dem entsprechend haben wir so richtig tief geschlafen. Um Punkt 5.00 Uhr, es war schon komplett hell – sind wir ab Gänsegeschnatter erwacht. Raus aus dem Bett ans Fenster. Da startet eine grössere Gruppe Gänse. Mit grossem Geschnatter heben die schönen Tiere ab und formieren sich in drei klassischen V-Anordnungen. Zwei, drei Minuten später ist es wieder völlig ruhig. Wir steigen noch einmal zurück ins Bett und geniessen die Nestwärme.

1 1/2 Stunden später stehen wir ein zweites Mal auf und machen uns lauffertig. Eine Jogging-Runde am Göta-Kanal lassen wir uns nicht entgehen. Joggen am Wasser entlang macht Spass. Schiffsverkehr hat es um diese Uhrzeit noch keinen, einzig eine Herde Schafe befindet sich ebenfalls auf dem Weg und ist am Frühstücken. Bei einer Schleuse rund 18 km von Berg entfernt (wir werden Berg später mit dem Auto ansteuern) treten wir den Rückweg zum Hotel an. Stretchen, duschen, frühstücken. Der Frühstückssaal ist im alten schwedischen Stil eingerichtet. Ein echter Traum: weisse Tischwäsche, altes Porzellan, Kronleuchter, auf die man noch Kerzen stecken kann, kleine Wiesenblumen-Bouqets, ein kleines, appetitlich angerichtetes Frühstücksbuffet mit frischen Produkten aus der Region (z.B. Apfelmarmelade).

Anschliessend packen wir unsere Taschen und machen uns auf den Weg nach Berg. Dort überwindet die grösste Schleusentreppe des Göta-Kanals, die den Roxensee mit Berg verbindet, in sieben Schleusenstufen einen Höhenunterschied von 18.8 Metern. Wir schauen dem emsigen Treiben am Kanal zu und geniessen das schöne Wetter. Vom Besuch des Vreta-Klosters, des ersten Klosters Schwedens, das sich ganz in der Nähe befindet, sehen wir heute ab.

Stattdessen steuern wir Linköping an. Hier soll Gamla Linköping unser erstes Ziel sein. Wir nehmen Kurs Richtung „Centrum“ werden aber nicht fündig. Da wir eine gute Beschreibung inkl. Ausfahrt-Nummer ab der Autobahn E4 haben, fahren wir auf ebendiese Autobahn und zwar Richtung Norden, d.h. Stockholm. Dieser Entscheid bringt uns vorerst kein Glück. Denn wir fahren 15 km bis zur nächsten Ausfahrt. 15 km, die uns immer wie weiter weg von Linköping führen! Bei der Ausfahrt entdecken wir den Wegweiser „Söderköping“. Dort wollten wir eigentlich erst morgen hin, da wir aber vom aktuellen Standort aus nur noch rund 20 km zu fahren haben, machen wir einen Programmwechsel und statten Söderköping einen Besuch ab. In Söderköping angekommen, finden wir rasch einen zentralen, schattigen Parkplatz. Wir machen uns als erstes auf zum Göta-Kanal-Hafen in Söderköping.

Warteschlange

Im Sommer zählen der Kanalhafen und die Schleuse mitten in der Stadt wegen ihrer Cafés, Restaurants und Handwerksläden zu den angesagtesten Treffpunkten. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil zahlreiche Freizeitskipper hier einen Zwischenstopp auf dem Festland einlegen. Nach einem ersten kurzen Spaziergang gehen wir zu Bondens Crèperie & Lanthandel. Unter den zahlreichen Lokalen am Kanalufer ist Bondens der Klassiker. Wir finden einen Tisch direkt am Kanal und wählen eine Crèpe, Salat und eine Art Knoblibrot mit Oliven- und Knoblisauce zum Mittagessen. Wunderbar! Die entspannte, freundliche Atmosphäre erhöht den Genuss noch zusätzlich. Etwas später steuern wir Smultronstället an. Dort soll es – so sagen viele – das beste Eis Schwedens geben. Mehr als 60 verschiedene Eisspezialitäten lassen sich vom 30.04. bis 27.08.(!) in der grössten Eisdiele des Landes ebenfalls direkt am Kanal geniessen. Die Warteschlange für einen Restaurantbesuch ist lang. Wir schätzen die Wartezeit auf eine bis zwei Stunden ein. Das ist uns dann doch etwas zu lang, obwohl die originell gestalteten Coupes (z.B. Amerika-Coupe inkl. Donut und blinkendem Gitarren-Gadget im Stars-and-Stripes-Look oder Casino-Coupe mit Spielkarte und Würfel-Schlüsselanhänger) das Warten belohnen. Wir stellen uns an der take away Warteschlange an (vergleichbar mit dem Prozedere bei der Gelateria di Berna in der Länggasse). Martin wählt eine Waffel mit der einer Kugel Cola Float (Vanille-Glacé mit Coca Cola Wassereis drin). Ich eine Kugel Swissmärangue (Vanille-Glace mit in Schokolade getünkten Merängge-Stückli). So gestärkt geht’s jetzt auf die grosse Söderköping-Erkundungstour.

Gelb-weiss dominiert das auf mittelalterlichen Fundamenten stehende Rathaus den Radhustorget. Im aufgesetzten Rathausturm mit Uhr befand sich früher die Feuerwache. Die Storgatan ist die mittelalterliche Hauptachse der Innenstadt. Reizvolle kleine Häuschen, die Cafés und Läden beherbergen, laden zum Verweilen ein. Urig ist besonders das ehemalige Klosterviertel mit seinen verwinkelten Gassen und niedrigen Häusern aus dem 18. Jh. Über der niedrigen Bebauung erhebt sich die St. Laurentii Kyrka mit ihrem freistehenden 50 m hohen Glockenturm aus Holz.

Für mich hat der alte Stadtteil von Söderköping noch einen zusätzlichen Reiz: 1960 schrieb Astrid Lindgren Bücher über Madita. Madita wohnte zusammen mit ihrer jüngeren Schwester, ihren Eltern und der Magd Alva in der kleinen Stadt am Fluss. Die Filme nach den Erzählungen über Madita wurden 1978/79 in Söderköping gedreht. Ich liebte diese schönen Schweden-Geschichten heiss und sehe mir die Filme immer wieder gerne an (Episodenführer). Was von der Stadt in den Filmen zu sehen war, kann man auch heute noch wieder erkennen, z.B. die Brücke, über die der Schulweg von Madita führte.

Unseren Söderköping-Aufenhalt schliessen wir am Kanalhafen bei der Skulptur „Rabbit Crossing“ von Eva Fornaa ab. Die Skulptur zeigt hilfsbereite Kaninchen auf beiden Seiten des Kanals. Härzig, 😉

Nach dem Sightseeing in Söderköping steuern wir zum zweiten Mal Linköping an, diesmal mit Erfolg. Kurz vor 17:00 Uhr checken wir im Scandic Linköping City ein.