Ein letztes Mal gingen wir im Hotel Lapad frühstücken und packten anschliessend unsere sieben Sachen zusammen. Auschecken und das Gepäck in den Lacetti verladen und schon waren wir startbereit. Fast. Denn vor Abfahrt musste natürlich auch noch das Navi programmiert werden, was sich als ziemliche Knacknuss erwies. Unser nächster Etappenort befand sich in der autofreien Innenstadt, und dies dem Navi zu erklären, bedarf es einiger Kniffe. Aber irgendwie klappte es und wir konnten KOTOR eingeben.

Wir verliessen Dubrovnik auf der Hauptstrasse Richtung Süden. Ausserhalb der Gemeindegrenzen gab es an der Strasse einen Scenic Point, von wo aus man einen wunderbaren Blick auf Dubrovnik hat. Wirklich eine schöne Stadt. Dann ging es weiter Richtung Montenegro. 98 km ist die heutige Etappe, Google sagt, dafür braucht man 1:40 h. So lange? Lächerlich… Aber die Strassen hier sind halt keine A12 zwischen Niederwangen und Flamatt. Die Strassen hier sind Lebensadern, hier drauf spielt sich innerorts so einiges ab. Und es hat viele viele Autos. Teilweise standen wir im Stau, und teilweise kam man vorwärts, aber das Ganze war recht anspruchsvoll. Man wusste nie, ob hinter dem parkierten Lieferwagen rechts nun nicht plötzlich ein Fussgänger rauskommt. Man konnte spekulieren, ob der Rollerfahrer, der einem in der unübersichtlichen Kurve überholt, es noch vor dem Gegenverkehr wieder auf die richtige Spur schafft. Und man sah zwar, dass nun ein 30er-Abschnitt wegen einer Baustelle kommt, aber der „Ende 30er-Abschnitt“ kommt dann nie. Also eine Fahrt voller Konzentration. Ständig gewappnet, dass da noch was kommen könnte… Irgendwie fühlte ich mich in die frühen 2000er versetzt, vor dem PC sitzend und Moorhuhn spielend. Da kamen auch hinter den Bäumen plötzlich Moorhühner hervor, die man treffen durfte, zwischendurch war es aber ein Jäger, den man nicht treffen durfte, sonst gab es Punktabzug. Hier hatte ich aber nur Jäger. Und es hätte mehr als Punktabzug gegeben.

So fuhren wir denn in Richtung Südende Kroatiens. Einmal ist fertig Land, das gilt auch hier. Plötzlich standen wir vor einer grossen Zollanlage, mit Autoschlangen. Es ging aber zügig vorwärts. Ausreise Kroatien. Wir fuhren zum Zollhäuschen und wedelten mit unseren Pässen, und wir wurden durchgewunken. Geht ja rassig, hier. Dann etwa 3 km durch Niemandsland und wieder eine Zollanlage, diesmal für die Einreise Montenegros. Diesmal wollte der uniformierte Herr die Pässe sehen, es gab sogar einen Stempel rein. Proaktiv streckten wir auch den Fahrzeugausweis hin mit der grünen Versicherungskarte. Ich habe doch noch nie die grüne Karte benützt. Hier ist es aber zur Einreise notwendig. Wer keine hat, kann am Schalter eine temporäre Karte kaufen (wohl für einige €€€€€). Das Wetter hat nun ein bisschen umgeschlagen, es hat immer wieder ein bisschen geregnet. Aber die Scheibenwischer müssen ja auch mal benützt werden… Im Radio kriegten wir einen lokalen Sender rein, der lokale Lieder spielte, die es problemlos in den Concours Eurovision Song Contest geschafft hätten. Zumindest in den Achtelfinal.

Dann führte die Strasse ziemlich rasch ans Wasser, um die Bucht von Kotor, kurvig, auch sehr moorhuhnartig, aber durchaus fahrbar. Der Kontrast „Wasser“, „Berge“ und „historische Städte“ war wunderbar. Ein tolles Ambiente, welches uns hier willkommen hiess! Irgendwann kamen wir in Kotor an. Ich liess das Navi die Erklärungen runterleiern, denn ich habe mir den Plan der Stadt und die ungefähre Lage der Unterkunft eingeprägt. Vor der Stadt links abbiegen, dann mal rechts halten und vor der kleinen Brücke auf dem kleinen Parkplatz parkieren. Dies ist der Plan.

Ich hielt links, fand die kleine Brücke und den kleinen Parkplatz – der aber voll war. Plan B sah den weiter entfernteren Parkplatz vor, und ich versuchte zu wenden. Und plötzlich fuhr ein Auto vom Parkplatz und wir hatten einen wunderbaren Parkplatz für unseren Wagen… 🙂 Mit dem Gepäck ging es nun über die Brücke, durch die Stadtmauer in die historische Innenstadt von Kotor (UNESCO-Weltkulturerbe). Unsere Unterkunft D&Sons fanden wir auf Anhieb. Das gebuchte Appartement befand sich in einem Altstadthaus. Auf einem Schild informierte man die neuen Gäste, dass sie doch die entsprechende Telefonnummer wählen sollen, was wir gemacht haben. Wir sollen Appartement 1 nehmen, sagte uns der freundliche Herr am anderen Ende der Leitung. Wir richteten uns also ein und trafen ein wenig später auf eine Mitarbeiterin, welche uns alles erklärte. Zur Begrüssung waren im Kühlschrank eine grosse Mineralwasserflasche und ein Liter Apfelsaft für uns. Klein, aber fein! Ein bisschen düster, da hier halt Haus an Haus gebaut ist, aber wenn man sich zum Fenster rauslehnt und den Kopf bis zur Genickstarre dreht, dann sieht man sogar den Himmel 🙂 , wenn man nicht vorher zum Fenster rausgefallen ist…

Nachdem wir die Miete bar bezahlt haben (natürlich gegen Quittung…) gingen wir ins Städtchen. Nachdem wir schon von Dubrovnik begeistert waren, sind wir es auch von Kotor. Alles viel kleiner. Aber sehr heimelig und nett. Wir kehrten auf der Gartenterasse des Jazz Club Evergreen ein und tranken mit den ebenfalls eingekehrten lokalen Intelektuellen was (wir Cola, sie Bier…). Dank der grossen Sonnenschirme störte uns der nun einsetzende Regen überhaupt nicht. Nach rund einer Viertelstunde war der Regen durch und wir gingen weiter. Ein paar Kirchen, ein paar Herrschaftshäuser, ein paar Geschäfte, ein paar Lokale – wunderbares Ambiente!

Nach einem ersten Rundgang gingen wir wieder aufs Zimmer und ruhten uns ein Wenig aus. Seit meiner Abreise habe ich noch nie rasiert und nun wäre der Moment gekommen, einen lokalen Hairdresser aufzusuchen. Aber wo in dieser verwinkelten Stadt hat es einen Gwaför? Google half nicht weiter (Suchbegriffe Kotor, old town, barber), hier wurde immer wieder darauf verwiesen, dass es in Kotor eine Altstadt hat, in welcher es Barber-Shops gibt. Hier haben die Frisöre keine Homepage wie z.B. kurdische Syrer meines Vertrauens in Bern (oder ist es ein syrischer Kurde?), der sich zumindest eine Facebook-Seite leistet. Ich erinnerte mich jedoch an die Stärken der Sozialen Netzwerke und suchte auf der Fotoseite Flickr nach den Begriffen kotor barber und hatte eine kleine Bilderauswahl erhalten. Auf einem Bild waren sogar die GPS-Koordinaten in den EXIF-Daten versteckt und ich konnte den Salon lokalisieren. Ich kam mir wieder mal unglaublich schlau vor… 🙂

Wir machten uns erneut auf den Weg und fanden keinen Gwafi. Dafür machten wir noch ein paar dutzend Meter in der Stadt und sahen wieder neue Winkel, tolle Plätze und schöne Räume… Und plötzlich standen wir vor dem Barber Shop, den ich suchte… Man kann über die Sozialen Netze denken was man will, manchmal sind sie eben doch brauchbar… Ich trat ein und wurde von der Coiffeuse gebeten, im ehrwürdigen Gestühl Platz zu nehmen. In diesem Salon sind gemäss Internet sehr viele Promis anzutreffen, und hier werden Informationen ausgetauscht. Ich war jedoch der einzige Promi in diesem Salon. Und da ich des montenegrinischen nicht mächtig war, konnte ich auch keine Informationen austauschen. Nun, die Montenegro Barber Shop-Experience war cool! Und es ist auch kein beklemmendes Gefühl, wenn dir jemand in Montenegro das Messer an den Hals setzt 🙂 Und sie machte einen tollen Job. Schloss die Rasur mit einem alkoholdurchtränkten Wasser ab, das brannte wie Sau. Und kühlte die Haut mit einer Nivea-Handcrème-Massage… (Soll mal einer sagen, ich habe kein Niveau).

Frisch rasiert war ich nun bereit, meine Gattin ein ein Feinschmeckerlokal auszuführen. Das Luna Rosso befand sich gegenüber des Evergreens und so bekamen wir zum feinen Nachtessen noch eine Jazz-Untermalung dazu. Anschliessend machten wir noch ein paar Schritte durch die Stadt und gingen dann zurück zu unserem Appartement. Wie gesagt ist dieses mitten in der Stadt, neben einem Lokal mit Live Musik. Und so schaukelten uns neue und alte Hits in den Schlaf.