Um 7:05 ging das Flugzeug ab Zürich. Für uns Grund genug, schon in Zürich zu übernachten und so ein bisschen Extra-Zeit mehr zu haben. Im Radisson Blu ist man in Fusswegdistanz zum Gate und das ist ganz praktisch.

Das Flugzeug nach Manchester war wohl fast voll, viele gelb-schwarze Schals mit Fans, welche die Young Boys am Abend wie wir in Liverpool unterstützen wollten. Matthias und Oli trafen wir schon im Flugzeug, Roli, Cathrin und Niklas sollten wir erst in Liverpool treffen. Ja, wir sind eine grosse Truppe auf dieser Fanreise. Der Flug verlief unspektakulär, trotz Fensterplatz konnte man am Boden nichts sehen, da es bewölkt war. Dann plötzlich die Landung und schon war man in Manchester. Da England nicht zum Schengen-Bereich gehört gab es eine Passkontrolle. Aber auch hier hat die Automation schon Einzug gehalten, man musste nur den ‚maschinenlesbaren‘ Pass in ein Gerät halten und der Computer sagte einem, ob wir nun einreisen können oder nicht. Ausserhalb des Flughafens konnten wir fast nahtlos in den gebuchten Shuttle umsteigen, welcher uns in rund 3/4 Stunden nach Liverpool brachte.

Das Wetter war schlecht. Es regnete, alles grau – so wie man sich das britische Wetter so vorstellt. Der Shuttle brachte uns zu unserem Hotel, dem Hilton. Trotz der frühen Stunde – die Lokalzeit war mittlerweile 10:00 Uhr konnten wir bereits unser Zimmer beziehen und kurz darauf waren die vier ab Zürich geflogenen auch schon ausser Haus im nahe gelegenen Shopping Center anzutreffen. Schliesslich galt es nun, dem prognostizierten schönen Wetter eine Chance zu geben und zudem auch auf die drei restlichen YB-Fans zu warten. Um 13:00 trafen wir Roland, Cathrin und Niklas in der Hotellobby und gemeinsam gingen wir zum Mittagessen ins nahe gelegene Las Iguanas. Dieses Restaurant bot brasilianisch-mexikanisch-südamerikanische Küche an und war recht preiswert und gut.

Danach teilte sich die Gruppe auf, Bettina und ich gingen in Richtung Albert Docks. Das alte Hafenviertel wurde vorbildlich aufgepeppt und ist nun die Ausgehmeile Liverpools. Es gibt auch viele Museen an diesem Ort. Seit 2004 ist das Hafengebiet UNESCO Welterbe, aber seit 2012 befindet sich dieses auf der Roten Liste des gefährdeten Welterbes. Die Gründe hierfür sind laut UNESCO „der langsame Zerfall der gesamten Anlagen aufgrund unzureichender Erhaltungsmassnahmen und Baumassnahmen im Umkreis, welche die visuelle Integrität der gesamten Anlage negativ beeinflussten“. Die ganze Anlage ist aber wunderschön anzuschauen und hat uns sehr gefallen. Auch das Wetter hat sich nun zur absolut besten Seite weiterentwickelt – wenn nur der Wind nicht gewesen wäre.

Wir besuchten als erstes das Liverpool Museum, welches eine gute Übersicht über die Entwicklung der Stadt zeigt. Das Museum selber ist ein moderner Bau, welcher sich gut ins historische Gesamtensemble des Hafengebiets einfügt. Danach gingen wir ins Merseyside Maritime Museum. Auf dieses Museum wurden wir aufgrund eines Prospektes aufmerksam, welcher eine Sonderausstellung bewarb. Hier wurde die Geschichte der Kindermigration von 1860 bis 1968 aufgezeigt. Kinder von Eltern, welche nicht mehr für ihre Kinder sorgen konnten oder sich für die Kinder ausserhalb Englands eine bessere Zukunft versprachen, wurden nach Kanada und Australien „exportiert“. Traurige Sache, die hier mit Wissen der Behörden und Kirchen betrieben wurde. Die Kinder waren teilweise erst 5 Jahre alt…

Nach diesen Museumsbesuchen besammelten wir uns um 18:00 in der Hotellobby und wollten gemeinsam in zwei Taxis zum Goodison Park, der Heimat des Everton FC dislozieren. Heute ging es in der Europa League für YB um den Einzug in die Runde der letzten 16. Nach dem 1:4 im Hinspiel vor einer Woche wird dies jedoch ein schwieriges Unterfangen. Nur äusserste Optimisten träumen von einem Weiterkommen… Vor zwei Jahren spielte YB schon einmal in Liverpool, gegen den FC Liverpool gelang damals in der Europa League in den Gruppenspielen ein 2:2. Obschon der FC Liverpool bekannter ist, ist Everton der ältere Klub. „The Grand Old Lady“ sagt man scheinbar…

Taxis sind Mangelware, sodass wir rund 30 Minuten warten mussten, bis wir eines entern konnten. Auf zwei Taxis aufgeteilt fuhren wir zum Stadion. Unser Fahrer liess uns 500 m vor dem Stadion aussteigen, aufgrund des Verkehrs. Die andere Gruppe hingegen wurde problemlos vor das Stadion geführt. Nehme an, der eine Fahrer war Liverpool- und der andere Fahrer Everton-Fan… Als wir beim Stadion waren, mussten wir unseren Eingang suchen. Dabei waren die Angaben der Stewards nicht sehr hilfreich, schlussendlich machten wir eine Runde um das ganze Stadion und waren danach wieder am Ausgangsort – wo sich auch der Eingang zum „Peoples Club“ befand, eine Loge fürs Volk. Hier konnten wir einen Hamburger geniessen, welcher im Eintrittspreis inbegriffen war.

In diesem „Peoples Club“ wurden auch die schon früher angepfiffenen Spiele der Europa-League gezeigt, namentlich auch das Spiel Besiktas Istanbul gegen den Erzrivalen Liverpool FC. Ein Jubel erschallte in der Lounge, als Besiktas das 1:0 schoss. So musste Liverpool zumindest in die Verlängerung… Nebst unseren Hamburger zu geniessen konnten wir in der Lounge noch einem Live-Interview mit einem verdienten Spieler aus den 80er Jahren beiwohnen. Das wäre etwa so, wenn bei YB Tinu Weber von früher erzählen würde. Später wurde uns ein Blatt verteilt, auf welchem wir sehen konnten, wie die Mannschaften spielen werden. Wir waren erstaunt, dass YB auf 5 Positionen neue Spieler brachte. Scheinbar werden hier Spieler für das Derby am nächsten Sonntag gegen Thun geschont. Wölfli im Goal, Sutter, Zarate, Bertone, Kubo… Mal schauen, ob das gut geht.

20 Minuten vor Spielbeginn entschieden wir uns, unsere Tribünenplätze einzunehmen. Wir hatten Plätze hinter dem Tor und eine prima Aussicht. Das Stadion ist eines der älteren in der englischen Premiere League. Man möchte ein neues Stadion bauen, aber dieses befindet sich mitten im einem Wohnquartier… Wird wohl noch ein bisschen dauern, bis da was Neues steht.

Kurz vor Spielbeginn füllte sich der Sektor und wir erhielten Locals als Sitznachbarn links, rechts, oben und unten von uns. Als sie merkten, dass wir das Auswärtsteam unterstützten, machten sie einen auf Small Talk. Dabei zeigte sich, dass sie mit dem Schweizer Fussball nicht allzuviel anfangen können. Wo denn diese Young Boys herkommen. Und warum die so einen Namen haben, das könne ja in der heutigen Zeit auch ein bisschen falsch verstanden werden, wenn man Fan von so einem Team ist… Nun, als ich meinem Nachbarn erklärt habe, dass unser Stadion Wankdorf heisst, da war ihm klar, dass wir eine ganz versaute Truppe supporten… 🙂

Das frühe 0:1 für YB brachte Ruhe in den Sektor… Aber schon bald gab es Penalty für Everton, den Lukaku gekonnt versenkte. Lukaku sorgte auch für das 2:1 (fünf Tore gegen YB, den müssten wir kaufen…) und irgendwann gab es noch ein 3:1 und der Ofen war aus.

Die zweite Halbzeit hatte auf dem Rasen keine Highlights mehr zu bieten. Aber auf den Rängen. Als Lukaku ausgewechselt wurde, ist ein älterer Zuschauer aufgestanden und hat den Trainer lautstark beschimpft. Schliesslich habe er viele Pfund gewettet, dass Lukaku einen Hattrick schiesst und nun nimmt ihn der Trainer nach 2 Toren raus… Gelächter im Sektor… 🙂 Riesenjubel brandete durchs Stadion, als das Resultat Besiktas – Liverpool bekannt wurde. Liverpool verlor im Penaltyschiessen… Respekt holten sich die YB-Fans beim Publikum mit der grossartigen Unterstützung ihres Teams. Die haben 90 Minuten durchgesungen und das Team angepeitscht. Diese Ausdauer gefiel den Everton-Fans und sie haben den YB-Fans applaudiert… Es ginge also, sich Respekt ohne Pyrofackeln zu verschaffen…

Nach dem Spiel gab es noch ein Bier in der Lounge, bevor wir uns auf den Nachhauseweg machten. Bei Stadionausgang wurden wir von Radio BE1-Reportergott Albi Saner aufgelauert. Wie schon beim Spiel in Prag wollte er von mir noch ein Statement zum Spiel. Und auch Bettina kam zu Ehren, ein paar Worte ins Mik zu sprechen. Und natürlich wurden auch dieses Mal die Statements nicht gesendet… Nun, Albi durfte trotzdem mit uns mit dem Taxi ins Zentrum fahren und während der Taxifahrt gab er noch den einen oder anderen Schwank aus seinem Reporterleben zum Besten.

1:3 verloren, aber einen tollen Tag gehabt. Hopp YB!