Ich schlief nicht so gut wie auch schon. Ob mich das schaukelnde Schiff am Schlafen hinderte? Oder hat mich das immer noch vorherrschende Tageslicht irritiert? Um 2:04 Uhr nahm ich das Handy und machte ein Foto der sich mir bietenden Szenerie:

Unglaublich – wirklich taghell!

Ich probierte, mich nicht zu sehr irritieren zu lassen und döste mich durch die Nacht. Um 8:00 Uhr standen wir schlussendlich auf und gingen zum Frühstück. Alle Norweger hatten heute, zu Ehren des Nationalfeiertages, entweder einen norwegischen Orden angesteckt oder trugen eine norwegische Fahne mit sich. Beim Stopp des Schiffes in Havøysund spielte zu Ehren der Ankunft des Schiffes und natürlich des Nationalfeiertages eine Blasmusik. Pünktlich um 11:15 Uhr schipperten wir ihm Hafen von HonningsvÃ¥g ein, unserem letzten Etappenort. Nach dem Ausschiffen (ja, dem sagt man im Fachjargon so… 🙂 ) gingen wir zum Hotel, welches sich grad beim Hafen befand und konnten dort schon das Zimmer beziehen.

Auch hier hatten wir einen Mietwagen reserviert. Da wir morgen Montag schon ziemlich früh abfliegen werden und das Mietauto beim Flughafen abgeben wollen, müssen wir den Wagen auch dort beziehen. Da kein Bus zum Flughafen fährt (zumindest nicht am Nationalfeiertag) nahmen wir ein Taxi. Der Flughafen ist niedlich. Sagen wir es so: Bern-Belp ist etwa 10x grösser 🙂 Ein Flugzeug wollte grad zur Landung ansetzen, drehte eine Runde über dem Flugplatz und flog wieder davon – kein klassisches Durchstarten, eher ein kurzes „Anschnüffeln“. Danach kam das „Follow me“-Fahrzeug zum Einsatz und fuhr die Piste ab. Am Pistenanfang liess der Fahrer einen Feuerwerksheuler los und verscheuchte die anwesenden Vögel. Nachdem das Follow me-Fahrzeug wieder weg war, konnte das Flugzeug endlich landen. So werden also Flughäfen im hohen Norden bewirtschaftet…

Wir betraten das Flughafengebäude und sahen natürlich kein AVIS-Schalter. Die Security-Verantwortliche sagte uns, dass das Büro im Städtchen sei, war aber so nett und rief AVIS für uns an. Er käme in etwa 15 Minuten, meinte sie. Wir warteten also am Flughafen, vom Personal wurde uns Kaffee angeboten und plötzlich kam aus Richtung Städtchen ein Fahrzeug, welches an der Seite mit „AVIS“ beschriftet war. Der Autovermieter entschuldigte sich für die entstandene Verspätung, liess den mitgebrachten Vertrag von Woody unterzeichnen und überliess uns das gross mit „AVIS“ beschriftete Fahrzeug als unseren Mietwagen: Ein Skoda Fabia mit 67’000 km… Der Vermieter nahm ein anderes Fahrzeug und fuhr wieder in die Stadt. Ich denke, wir hätten die Vermietung auch ohne Kostenfolge in der Stadt erledigen können. Aber so verdiente auch der Täxeler was an unserer Fahrt an den Flughafen.

Wir verliessen den Flughafen und fuhren noch einmal in die Stadt, um uns fürs Nordkap, auf norwegisch geschrieben „Nordkapp“, reisefertig zu machen. Prompt fuhren wir zu dem Zeitpunkt ins Städtchen, wo die Nationalfeiertagsparade durchgeführt wurde. Viele Leute trugen an dieser Parade Trachten und schwenkten Fahnen, natürlich spielte auch eine Blasmusik Wir fuhren hinterher und konnten dann zum Hotel abzweigen. Anschliessend fuhren wir Richtung Nordkap. Der nördlichste Punkt Europas ist 30 km von HonningsvÃ¥g entfernt und führt über eine verschneite, mit vielen grossen Steinen übersäte Landschaft. Zeitweise sieht man Rentiere. Diese sind mit ihrem hellen Fell so gut getarnt, dass man sie auf dem Schnee kaum sieht.

Das Nordkap besteht aus einem Felsen, wo sich oben ein Zentrum befindet (Souvenir-Shop, Kino, Restaurant etc) und eine Aussenanlage welche das Nordkap mit einer Weltkugel symbolisiert. Als wir das Zentrum betraten sagte uns eine Angestellte, dass sie um 15:00 Uhr schliessen – wir kamen um 14:30 Uhr an… Somit verzichteten wir auf den „Instruktionsteil“ und begaben uns nach draussen zur Weltkugel. Es war bitterkalt und ein alle Kleider durchdringender Wind zog übers Nordkap. Dies führte dazu, dass wir fast alleine am nördlichsten Punkt Europas waren. Wir haben schon damit gerechnet, dass hier alles überlaufen sein wird – aber nein, Glück gehabt 🙂

Aufgrund der geografischen Lage wird das Nordkap auch mit 71°10’21“ bezeichnet. Insider wissen nun, dass dies keine Telefonnummer eines Pizzakuriers ist, sondern eben die Lage des Nordkapps. Nachdem wir durchgefroren waren fuhren wir wieder ab und suchten das Dorf Gjesvær auf. Hier werden Exkursionen zu einer Insel angeboten, wo man viele Vögel beobachten könne. Im Winterhalbjahr (ja, bis Mitte Mai ist hier touristisch noch Winter) wird die Bird Safari jedoch um 12:15 Uhr angeboten, was somit zu spät war. Nun, ein anderes Mal vielleicht wieder.

Wir fuhren zurück nach HonningsvÃ¥g und assen im Restaurant Arctic Sans leckeren Fisch und tranken dazu Bier aus der nördlichsten Brauerei der Welt, der Brauerei Mack.

Morgen reisen wir zurück in die Schweiz und unsere dreijährige Auffahrtsreise ist Geschichte: Wir haben es geschafft, in drei Jahren während der Auffahrtswoche von Catania ans Nordkapp zu reisen. Mit dem öffentlichen Verkehr. Und alles pünktlich 🙂

Woody war auch dabei