DHeute ging‘s in den Waterton National Park. Dieser Park ist binational und bildet mit dem etwa 3x grösseren Glacier-Nationalpark eine grosse geschützte Gegend. Ende August 2017 schlug im Watertonpark im Wald der Blitz ein und löste einen grossen, ja sehr grossen Waldbrand aus. Die Bevölkerung von Waterton wurde evakuiert und man rechnete damit, dass das Dorf dem Erdboden gleich gemacht wird. Heute wissen wir: es gab ein teilweises Happy-End. Während grosse Teile des Waldes über dem Dorf weg sind, konnte das Dorf gerettet werden. Viele Teile des Nationalparks können aber noch nicht besucht werden, da immer noch die Infrastruktur hergestellt wird. Den Red Rock Canyon werden wir nicht sehen, ebenso besteht zum Cameron Lake noch kein Zugang. Eine kleine Entschädigung erhielten wir etwa 2 Kilometer nach Einfahrt in den Park, als wir einen Braunbären sichten konnten. In einer wunderschönen Wiese suchte er was zum Essen und liess sich von den Leuten nicht stören. Unsere Mit-Bären-Sichter begaben sid bis auf 5 Meter zum Bären. So ein Verhalten ist schlicht leichtsinnig. Wir betrachteten das tolle Tier aus sicherer Entfernung…

Braunbär

Gestern hatten wir Tickets für die Schifffahrt auf dem Upper Waterton Lake gekauft. Um 13:00 Uhr soll das Schiff losfahren, wir sollen doch 10 Minuten vor Abfahrt bereit zum Einstieg sein. Als gute Schweizer sind wir überpünktlich und sind schon eine halbe Stunde vorher dort. Aber die Schlange war schon sowas von lang, dass wir mit Sicherheit keinen Platz mehr auf dem sonnigen Oberdeck erhalten würden…
Und genau so war es. Aber wir hatten einen Platz auf dem Hauptdeck, ganz hinten gedeckt an der frischen Luft. Ist uns auch recht. Zu unserem Amüsement begann es kurz vor Abfahrt zu regnen. Waterton hat einen extremen Wetterwechsel, sodass dann 10 Minuten später die genässten Touristen wieder trocknen konnten… Wir legten los Richtung Süden, also US-Gebiet. Wir haben uns im Vorfeld erkundigt, ob wir irgendwelche Visa- oder ESTA-Formulare ausfüllen muss, aber nein, das müsse man nicht. Das Schiff tuckert also los. Die MV International wurde 1927 am Südufer des Sees gebaut und ist seit rund 100 Jahren auf diesem See im Einsatz. Der Begleitkommentar aus den Lautsprechern erzählte uns jedes und alles über den See und die Gegend. Vor Allem erzählte er, welche Tiere wir hier zu sehen kriegen: Elche (cool, dann haben wir die auch mal live gesehen!), Bären aller Art, vielleicht einen Mountain-Lion… Wow! Wir haben gut getan, eine solche Schiffreise zu machen! Wir können es vorneweg nehmen: Eine Hirschkuh und ein paar Enten haben wir gesehen. Sonst nix…

Aber es bleibt dabei: die Fahrt ist wunderbar. Immer mehr geht es gegen die US-Grenze und… wir fahren einfach so drüber… Keine Einreiseformalitäten, kein Anstehen, keine „Yes Officer“-Sprüche vor einem Beamten. Einfach so durch…  Über Lautsprecher werden wir aufgeklärt: Normal hätten wir in Goat Hunt (US) anlegen sollen und hätten dort 30‘ Zeit gehabt und uns die Beine vertreten können. Aufgrund von Budgetrestriktionen hat es aber aktuell kein Grenzpersonal vor Ort und drum dürfen wir hier nicht anlegen (worauf eine Frau auf dem Schiff laut „Thank you Mr. Trump“ sagte 🙂 ). Der nächste von Goat Hunt erreichbare Ort ist 30 Meilen entfernt, wohlgemerkt zu Fuss und nicht über eine Strasse, sodass die Grenzer auf dem Landweg von den USA nach Waterton (CAN) fahren und dann mit dem Schiff nach Goat Hunt fahren (würden). Goat Hunt sei der einzige Ort in den USA ohne Starbucks oder McDonald…

Wir überfahren also die Grenze und diese ist mit einem Obelisken sichtbar gemacht:

Grenzobelisk

Und offenbar gibt es in den USA ein Gesetz welches besagt, dass überall dort, wo die Grenze sichtbar gemacht werden kann, sie sichtbar gemacht werden muss. Und hast heisst in diesem kanadisch-amerikanischen Grenzfall, dass entlang der Grenze (exakt der 49. Breitengrad) eine Schneise in den Wald geschlagen werden musste, um die Grenze sichtbar zu machen:

Gut sichtbare Grenze CAN-USA

Am Ende des Sees angelangt fahren wir anschliessend wieder zurück. Die zweistündige Fahrt war kurzweilig und informativ.

Wir spazieren durch Waterton und entdecken ein tolles Café: Das Windflower Corner Coffee befindet sich in einer Hausecke (wo sich auch noch ein Kino und eine Velovermietung drin befindet) und ist so klein, dass man bei einer Türe hineingeht, man direkt am Tresen steht, die Bestellung aufgibt und das Getränk mitnimmt und auf der anderen Seite eine andere Türe hinausgeht. Im Haus selber kann man fast nicht kreuzen, so eng ist das Ganze… Wir können uns ein feines Kafi und was Süsses… Anschliessend machen wir einen Spaziergang zu den Cameron Falls, alls nun ach wir verregnet werden. Aber Frau hat ja immer einen Schirm dabei, sodass wir nicht allzu nass werden.

Cameron Falls

Um trocken zu werden gehen wir in einen Laden für Outdoor-Kleider und lassen dort ihre Kasse klingeln. Mittlerweile haben wir Hunger und kehren bei Zum‘s ein. Die Bedienung ist schnell, das Essen gut und günstig. 

Wir fahren zurück auf unseren Campingplatz und halten unsere Augen offen. Vielleicht sehen wir wieder ein Tier am Strassenrand stehen? Leider nein. Sollen wir der Empfehlung auf dem Schiff Glauben schenken, in der Dämmerung auf dem Highway 6 Richtung US-Grenze zu fahren, weil man dort fast immer Tiere sehe? Oder ist das einfach so ein blabla wie mit den Tieren, die man vom Schiff aus sieht? Wir fahren natürlich auf den Highway 6 Richtung US und lassen uns von der Blumenpracht und dem Panorama beeindrucken. Tiere? Nun ja, Mücken, die auf die Windschutzscheibe klatschen. Doch, hier, ein Hirsch! Und tatsächlich ein paar Kilometer weiter ein Schwarzbär, welcher Stein um Stein umdrehte und darunter was essbares suchte. Mann, welche ein Glück, solch ein Tier sehen zu können!

Schwarzbär

Nun ist aber wirklich Zeit auf den Campground zurückzukehren. Es nachtet ein und ein wunderschöner Vollmond steigt auf. Ein Tag mit einmal mehr vielenvielen Eindrücken endet. Gute Nacht!