Zu unserer grossen Überraschung haben wir heute schönstes Sonn-Tags-Wetter. Wir frühstücken draussen an der Sonne und „erledigen den Haushalt“ (abwaschen, betten, alles verräumen und die Schränke sichern sowie Strom- und Wasserkabel entfernen). Dann gehen wir duschen und fahren los. Im lokalen Safeway alimentieren wir unsere Vorräte für die letzten Tage in den Kananskis (also etwas fern vom Schuss) auf. So, nun aber los zu unserem ersten Etappenziel von heute, dem Turner Valley Gas Plant. Am Standort des 1985 geschlossenen Werks gibt es eine grosse Anlage zur Oelgewinnung zu sehen. 1911 hat ein Hobby-Geologe beim Durchqueren der Prärie aufgrund der Landschaftsformation und von Blasen im Fluss den Gedanken gehabt, dass es in der Gegend Oelvorkommen haben könnte. Er hat Geldgeber von seiner Idee überzeugen können und so wurden Bodenproben genommen, welche den Beweis lieferten, dass es im Gebiet Oel gab. Rasch wurde ein erster Holz-Bohrturm gebaut und mittels grossen Eisen-Extrudern, die in den Boden gerammt wurden, in die Tiefe gebohrt. 

Turner Valley Gas Plant

Auf der Führung wird uns gesagt, dass es bis zu zwei Jahren Extruding-Arbeit erforderte, um auf Oel zu stossen. Die Kunde über die Oel-Funde (in der ersten Zeit wurde Naphta gewonnen) machten bald die Runde und so setzte in der Gegend und natürlich vor allem im nahe gelegenen Calgary ein richtiger Oel-Boom ein. In den Banken von Calgary wurden die Geldgeschäfte abgewickelt, es wurden Unternehmen gegründet und Menschen von nah und fern reisten nach Calgary, um ins Oel-Business einzusteigen – seit es als Geldgeber oder Arbeitnehmer. Interessant ist, dass Calgary auch heute noch den Ruf als Oel-Stadt Kanadas hat. Zuerst wurde im Turner Valley Werk nur Oel gewonnen. Das ebenfalls vorhandene Gas (hoch gefährliches H2S) wurde über Spezialleitungen in die Luft abgegeben,  in den 20er und anfangs 30er Jahren in Ermangelung an Verwendungsmöglichkeiten und Gas-Separierungs-Technologie. Das Gas war zwar hochgefährlich, spendete gleichzeitig aber in den sehr kalten Wintern viel Wärme, so dass sich arme Leute rund um die Gas-Ausleitung niederliessen und so wenigstens warm hatten. Im Vorfeld des 2. Weltkriegs gelang es dann aber das Gas zu reinigen (z.B. Bhutangas) und gewisse Gase als Brennstoff für die Kriegsflotte des Commonwealth zu nutzen. Ende der 20er-Jahre wurde zudem begonnen, Pipelines nach Calgary zu legen, so dass das Oel nicht mehr in Fässer verfrachtet werden musste. Wir kommen in den Genuss einer Einzelführung durch Larry und Susan, die sehr viel Interessantes zu berichten haben (Facts, Kulturgeschichte, Stories). Sie zeigen uns dann auch noch den Raum mit den zehn Generatoren, die das Oel durch das Werk und vor allem durch die Pipeline gepumpt haben. In der Halle stehen 10 Stahlkolosse, zwischendurch wieselt ein Squirrel an uns vorbei oder ächzt irgendetwas. Alles ein wenig spooky. Larry bemerkt unsere leichte Irritation. „Das ist nur die Belüftungsanlage bzw. der grosse Ventilator, der gewisse Leicht-Teile bewegt.“. Spooky ist die ganze Anlage aber so oder so, sonst würden hier wohl nicht Teile des neuen Ghosbusters-Film gedreht. Auf dem Areal stehen zahlreiche Filmkulissen-Teile herum. Wir verabschieden uns von Larry und Susan und einer weiteren Mitarbeiterin, die deutsche Wurzeln hat und sich darüber freut, mit uns Deutsch sprechen zu können.  

Pumpkompressoren

Nach einem kurzen zweiten Abstecher nach Black Diamond nehmen wir Kurs in Richtung der Kananaskis auf. Die Strecke führt uns durch dicht bewaldetes Berggebiet, das von zahlreichen Flüssen durchzogen wird. Bald schon stossen wir auf erste Herdenteile von Big Horn Sheep oder Rocky Mountain Sheep (so genau wissen wir das nicht), die Salz von den Steinen (inkl. Strassenbelag) schlecken. Die Autofahrer umfahren die Tiergruppen im Slalom. 

Sheeps

Die Fahrt zieht sich bis wir endlich am Boulton Creek Campground ankommen. Dieser besteht aus grosszügig dimensionierten Sites, die über eine loopförmig angelegte Verbindungsstrasse verteilt sind. Wald, Waldboden, Blumenpracht, Pilzvorkommen, Tiervielfalt, Berge, Sonne: Schlicht grossartig – und so ruhig. Wir verbringen einen gemütlichen Abend mit Lesen am Feuer (aber immer schön aufmerksam bleiben, es gibt Bären hier).

Es wird Nacht in Kananaskis