– „Ig has ja nume guet gmeint.“

– „Ja, ig doch ou!“

Tja, genau dieses „Meinen“ ist Grund für unser Dilemma. Es ist 20.37 Uhr und wir liegen nach verrichteter Abendtoilette im miefigen Zimmer 214 des Hotels/Therapiezentrums Moorbad in Bad Muskau. Ganz weit im Osten

Eine Institution wie ein Albtraum. „We du nid brav bisch, de muesch allei i Waud“ – hat man mir früher gesagt. Auf heute umgemünzt: „We du nid brav bisch, de muesch nach Bad Muskau und aus bsungrigi Straf itz Therapiezentrum Moorbad“. Warum sind wir denn hier? Gegen 14.00 Uhr sind wir in Bad Muskau angekommen. Bad Muskau ist bekannt für die von Hermann Fürst von Pückler-Muskau geplante und umgesetzte Parkanlage (als UNESCO-Weltkulturerbe ausgewiesen). Als erstes haben wir uns auf die Suche nach einer Übernachtungsgelegenheit gemacht und sind dabei in der Touristinformation auf das Moorbad-Etablissement gestossen, das in ebenbesagtem Park seinen Standort hat. Unser „Verlangen“ nach dieser Unterkunft wurde verstärkt durch ein Sonderangebot (KIK – der Textildiskont …, Geiz ist geil etc. etc.) für ein Moorbad und eine Massage, das dort angeboten wird. Den gut gemeinten Hinweis der Dame von der Tourstinfo, „Ich ruf’ dort mal an und schaue, ob sie Ihnen dort ein Doppelzimmer zeigen können“ nahmen wir zwar auf, interpretierten den Inhalt aber gänzlich falsch.

Schon beim Betreten des Hauses wurden wir gewahr, dass es sich beim Hotel/Therapiezentrum Moorbad um eine eher heruntergekomme, sanatoriumsmässige Einrichtung handelt, die problemlos als Kulisse für einen 60er-Jahre Film hinhalten könnte. Da ich aber dachte, Martin wolle ja unbedingt eine Massage (hat er gestern in der Hartz 4-Tropical-Island-Halle auch so Kund getan) erachtete ich die Lokalität nach wie vor als – na ja – tolerierbar. Zumindest das zweite Zimmer war aus meiner Sicht akzeptabel. Er dachte sich gleichzeitig, dass er eigentlich in so einer Bruchbude lieber nicht übernachten würde, er mir aber die Freude über eine Moorpackung mit Massage nicht nehmen möchte. So kam es, dass wir erst beim Abendessen – nachdem wir uns ausführlich lustig über unsere Übernachtungslocation gemacht haben – herausgefunden haben, dass eigentlich jedes nur wegen dem anderen dort beleiben wollte. Nein aber echt too much dieser Betrieb.

Das Zimmer inkl. Mobiliar ist völlig heruntergewirtschaftet. Die sanitarischen Anlagen sind grauenvoll. Sorge bereitet uns die Dusche, die wohl zu DDR-Zeiten jeweils noch elektrisch vorgewärmt werden musste. Hoffentlich bleiben bei uns Strom und Wasser sauber getrennt. Moorpackung und Massage waren ganz ordentlich. Aber Abläufe (eine 51 C Grad warme Moorklatsche auf den Rücken) und Einrichtungen erinnern einen zwangsläufig mehr an Planwirtschaft als an Wellnesstempel. Aber wie steht’s schön auf einem Blatt Papier in der Chaos-Rezeption? Die Sterne sind unsere freundlichen Mitarbeitenden. Hallö! Alles klar du? Ja, wir sind in Sachsen angekommen.

Wie heisst der Nachbarort von "Burg"?Am Morgen sind wir in Krausnick gut erholt, frisch und fit für neue Taten und massiv verstochen aufgewacht. Nach einer Joggingrunde nach Gross Wasserburg und zurück (tierische Ausbeute: eine tote Blindschleiche …) gab’s Frühstück. Kurz vor der Abreise haben wir noch geschichtliche Details zum Areal des TIR erfahren. Über Regionalstrassen des ehemaligen sozialistischen Bruderlandes DDR führte uns der Weg nach Cottbus. Wobei wir Cottubs dann nach dem McDonalds-Zwischenstopp kurz vor den Toren von Cottbus ausgelassen haben. Nicht einmal ein Fussballspiel zwischen Energie Cottbus und Tilburg konnte uns zu einem Aufenthalt verleiten. Nach einer ausgiebigen und schönen Überlandfahrt (in Straupitz schöne EU-Beiträge-sei-Dank-finanzierte-Restaurierung der Kirche, in Burg sahen wir drei Störche) sind wir bereits erwähnt in Bad Muskau eingetroffen. Nach Massage/Moorpackung der Familie Zeller machten wir uns auf den Weg zur deutsch-polnischen Grenze. Grenzpfahl

Das Kofferauspacken und Einrichten im Zimmer entfiel aufgrund der widrigen Gründe. Der Polen-Abstecher viel kurz aus – sehr kurz um ehrlich zu sein. Am anderen Ende der Grenzbrücke beim Polen-Basar entdeckte Martin als erstes ein Schild mit der Aufschrift „Friseur“. Er, der immer davon gesprochen hatte, in Polen zum Coiffeur zu gehen – er wollte dann doch nicht den Kopf hinhalten. Und da wir weder eine Stange Zigaretten für 11 Euro, noch ein Kilo Himbeeren, noch schreckliche T-Shirts und Schuhe aus den 80er-Jahren brauchten, haben wir bald unsere Rückreise angetreten. Eine Spezi im Restaurant „An der Grenze“ für 3.75 Euro macht uns munter für den Parkbesuch. Dieser ist wirklich sehr schön, liegt sowohl in Deutschland wie in Polen und zeichnet sich durch das wunderschöne Schlossgebäude aus, das zurzeit restauriert wird. Eine echte Trouvaille. Es gibt also auch schöne Dinge am Ar… der Welt. Sorry, aber diesen Ort kann ich nicht anders bezeichnen. Nach einem ausgiebigen Abendessen mit der Fürst Brückler-Eisspezialität als Nachtisch sind wir ins Sanatorium „Moorbad“ zurückgekehrt. Ûbrigens. Im Kaffee König gibt es im September einen Tanznachmittag für 7€. Inbegriffen in diesem Preis sind 2 Tassen Kaffee, 1 Stück Kuchen oder Torte, und 3 Stunden Tanzmusik. Und die Löwenapotheke vermisst ihre historische Türklinke und bezahlt bei wiederauffinden einen Finderlohn von €100!

So und jetzt muss ich aufhören und schlafen gehen. Frühstück gibt es morgen zwischen 07.30 und spätestens 08.00 Uhr! Sagt ich’s doch: Therapie-Planwirtschaft vom feinsten. Doch das betrifft uns glücklicherweise nicht. Martin und ich wir werden morgen im Park joggen und dann in der Filiale der Bäckerei 30 unser Frühstück einnehmen gehen. Denn ein Wiederbetreten des Speisesaals nach heute Nachmittag ist mir nicht mehr möglich.