Donnerstag, 23. Juni 2011: Über Stock und Stein

Wir haben gut geschlafen, in unserem Hotel an der Durchgangsstrasse. Schallschutzfenster sei Dank… Nach dem Frühstück stellten wir uns die Frage, ob hier Fronleichnahm auch ein Thema ist und ob wir überhaupt beim Bäcker was einkaufen können. Martin Luther hat hier aber seinen Job gemacht und seinerzeit dem Katholizismus und somit auch den vielen Feiertagen den Garaus gemacht… Wir suchten nun eine Bäckerei, um ein bisschen Proviant für unsere erste Uckermark-Wanderung zu kaufen. Das erste Bäckerei-Fachgeschäft, der „Bonjour Baguette“, hatte noch geschlossen oder Konkurs gemacht. So steuerten wir eine neudeutsch sogenannte Shopping-Mall an, wo wir uns beim Bäcker tatsächlich mit zwei Sandwiches eindecken konnten.

Wir fuhren mit dem Auto ca 15 km westwärts nach Gerswalde. Dort parkierten wir bei der Kirche unser Auto und machten uns auf die Wanderung, welche im Prospekt wie folgt beschrieben wird:

Leichte Wanderung, Einkehrmöglichkeiten, Fernglas empfohlen.
Wie eine grosse Parklandschaft erscheint die Gegend östlich von Gerswalde. Hier haben sich die Eismassen der abtauenden Eiszeit-Gletscher förmlich in den Boden gegraben und eine kleine Seenwelt hinterlassen. Höhepunkt dieser Tour im wörtlichen Sinn ist der *Drei-Seen-Blick*. Zu diesen drei Seen gehört auch der Unteruckersee, an dessen nördlichen Ende Prenzlau liegt.“

Die ganze Strecke war mit 21 km angegeben, was wir trotz unserer eher schlechten Wanderkondition als machbar betrachteten. Schon bald haben wir das Dorf Gerswalde verlassen und orientierten uns an der Wanderwegmarkierung. Diese bestand aus einem weissen Quadrat mit einem grünen Balken drin. Dieses Zeichen befindet dich in der Regel an Bäumen und bezeichnete ab sofort „unseren“ Wanderweg.
Kaum waren wir ausserhalb des Dorfes angelangt, wartete bereits die erste tierische Überraschung auf uns: wir sahen ein Storchennest, wo ein Storch ein Junges fütterte. Eine Zeit lang schauten wir diesem Schauspiel zu und machten uns danach wieder auf unseren Weg. Als wir nach ein paar Kilometern auf einem einsamen Feldweg waren huschte plötzlich ein Feldhase über den Weg und floh Haken schlagend vor diesen beiden komischen Menschen. Etwa eine Viertelstunde später erschrak uns ein Reh bzw wir uns gegenseitig. Auch dieses zeigte uns, wie schnell es sein kann und verschwand in einem Kornfeld.
Laufend hielten wir Ausschau nach weiteren Tieren, vergassen aber nicht, den Blick auch auf die wunderbar geschwungene Landschaft mit ihren mächtigen Kornfeldern zu werfen. Der Anblick dieser Natur begeisterte uns: Kornfelder, mit Kornblumen und Mohn – eine Wohltat fürs Auge.
Gegen Mittag machten wir an einem Aussichtspunkt Rast, gemeinsam mit zwei Radfahrern und zwei weiteren Wanderern. Ansonsten sahen wir keine Wanderer auf unserer Strecke.
Die auf dieser Wanderbeschreibung bezeichnete „Einkehrmöglichkeiten“ war ein Restaurant in Flieth. In diesem Dorf wurden wir auch Zeugen der hiesigen Einkaufsmöglichkeiten: als wir durch ein Wohnquartier wanderten, fuhr ein Lieferwagen einer Bäckerei durchs Quartier und hupte mehrfach. Dies war nun das Zeichen für die Kunden, dass man das Haus lassen musste und sich zur Strasse zu begeben hat. Der Liefwagen wendete am Ende der Quartierstrasse und verkauft nun den bereitstehenden Kunden Brotwaren. ‚Le Shop“ auf Ostdeutsch.

Die Wanderung war schön und vielfältig. Wir sahen weitere Rehe, Kraniche auf Zwischenlandung und viele kleine Frösche, welche nur etwa 1 cm gross waren aber bereits hüpfen konnte wie die Grossen. Vermutlich haben wir in einem Feld auch Wildschweine gehört aber nicht gesehen.
Der Wanderweg war teilweise ein Naturweg, das offene Feld, Kopfsteinpflaster oder aber Betonplatten. An einzelnen Stellen war der Weg vom Gewitter des Vorabends so sumpfig, dass man bei jedem Schritt aufpassen musste um nicht auszurutschen.
So hängten diese letzten, sumpfigen Kilometer doch sehr an, so dass wir schlussendlich froh waren, Gerswalde und somit unser Auto wieder zu erreichen.

Zu Hause im Hotel wollten wir nur noch unter die Dusche und einen Moment relaxen. Das Znacht im Restaurant Hotel Uckermark schloss diesen erlebnisreichen Tag ab.

Statistisches: 21.5 km

Nachtrag vom 17.7.2011:
Die Sendung „Kesslers Expeditionen“ berichtet von einer Wanderung von Michael Kessler von Berlin nach Usedom. Die Wanderung mit einem Esel führt auch durch die Uckermark. Kurz vor Prenzlau trifft er ein Paar und spricht mit ihnen über Prenzlau. Da meinen die beiden: „Nach 18:00 werden in Prenzlau die Bürgersteige hochgeklappt. Es hat nur noch die Verkäuferinnen, die sich auf den Nachhauseweg machen, dann ist die Stadt leer.“

Stimmt, haben wir auch festgestellt 🙂

Ein Gedanke zu „Donnerstag, 23. Juni 2011: Über Stock und Stein“

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert