Handwerker beginnen um 6:54 mit der Arbeit. Unklar ist, ob dies im ganzen Freistaat Sachsen so ist oder nur auf der Baustelle gegenüber unseres Hotels. Dies war ein Grund für uns, aufzustehen und den Tag in Angriff zu nehmen.
Nach dem Frühstück verliessen wir die sächsische Vogtlandmetropole Reichenbach und fuhren in Richtung Göltzschtalbrücke. Die Besichtigung dieser Backsteinbrücke war ein Geburtstagsgeschenk meiner lieben Frau. Dementsprechend gut habe ich mich darauf vorbereitet, und kenne nun die Eckdaten dieses Bauwerks:
Höhe = 78 m
Länge = 574 m
Größte Spannweite eines Bogens = 30,9 m
Bauarbeiter (max.) = 1736
Verwendete Ziegel = 26 021 000
Sandverbrauch = 17 089 m³
Gesamtumfang des Mauerwerks = 135 676 m³
Ziegelmauerwerk = 7 1671 m³ (52,83 %)
Werksteinmauerwerk = 48 261 m³ (35,57%)
Bruchsteinmauerwerk = 15 745 m³ (11,60%)
Holz für Gerüste und andere Zwecke = ca. 23 000 Stämme
Bauzeit = 1846 – 1851
Baukosten = ca. 2 200 000 Taler (6 600 000 Goldmark)
Quelle: http://www.goeltzschtalbruecke.de/
Natürlich habe ich mich auch erkundigt, wie man am Besten zu diesem Meisterwerk fährt, und die zu befahrende Route habe ich rausgeschrieben. Navi sind ja nicht immer sehr zuverlässig. Wer jedoch denkt, dass wir diese Brücke direkt anfahren konnten, täuscht sich: x-fache Strassenumleitungen wegen Bauarbeiten machten uns die Anfahrt schwer, teilweise wussten wir nicht, wo wir waren (aber wer wir sind 🙂 ).
Und plötzlich, nach einer Kurve, sahen wir sie, die Göltzschtalbrücke. Ein Wunderwerk der Technik, eine Konstruktion für Generationen!
Meine Begeisterung für diese Architekturikone wurde jedoch rasch auf den Boden geholt als ich sah, dass die ganze Brücke eingerüstet war. Die Arbeiten standen im Zusammenhang mit der Elektrifizierung der Strecke Dresden – Hof und einer Gesamtsanierung der Brücke. So kam leider nicht der ganze Glanz dieses Bauwerks zum Vorschein.
Wir hatten Glück und sahen sogar 3x Züge drüber fahren. Nach etwa einer halben Stunde verliessen wir den Ort und fuhren 15 Kilometer weiter, um die kleinere Schwester der Göltschtalbrücke, die Elstertalbrücke zu besichtigen. Diese ist kürzer und weniger hoch, aber auf mittlerer Höhe begehbar. Rasch fanden wir den Bahnhof Jocketa (aber auch hier nur mit Umleitungen…), wo wir unser Auto abstellten und ca 400 m zu Fuss zur Brücke gingen. Die Elstertalbrücke konnten wir dieses Mal ohne Gerüst besichtigen.
Nach jensten Kirchen, gebaut nach der sog. Backsteingotik, und nun diesen beiden Brücken konnten wir uns von der Vielseitigkeit und der Stabilität von Backsteinen überzeugen. Und wir hatten früher zu Hause mit Backsteinen ein Büchergestell gebastelt…
Wir fuhren weiter ins Bundesland Thüringen nach Gutenfürst zum Bahnhof. Dieser Bahnhof war bis vor 21 Jahren ein Grenzbahnhof, wo die deutsch-deutschen Züge penibel genau kontrolliert wurden. Der Bahnhof lag an der Linie Nürnberg – Leipzig und war für die Grenzkontrollen entsprechend gross ausgerüstet. Ich bin vor vielen Jahren (damals) mal mit dem Zug nach Berlin gefahren, und der ganze Zug wurde von den Grenzern mit Hunden untersucht. In jedem Abteil gab es eine Kontrolle, in den Toiletten wurde die Deckenverschalung abgeschraubt und kontrolliert, dass sich wirklich niemand versteckt hatte. Die Suchhunde mussten sogar unter dem Zug durch, um Leute aufzuspüren. Wie es damals zuging, ist hier und hier beschrieben. Heute sind weder Gutenfürst noch der Bahnhof speziell sehenswert.
Nach diesem Abstecher in die deutsche Geschichte mussten wir wieder mal unser Auto tanken. Bei uns zu Hause gibt es normal und super. Das finden wir normal und super! In Deutschland ist tanken eine komplexe Angelegenheit: Zum Beispiel bei Shell kann ich mich zwischen Super, Super E10, V-Power Racing 100, Diesel und V-Power Diesel entscheiden. Diesel fällt bei uns schon weg, aber was soll ich tanken? Wir haben uns für E10 entschieden, welches scheinbar ein bisschen mehr Bio sein soll. Hier musten wir aber vorher checken, ob unser Auto diesen Kraftstoff überhaupt verträgt. Witzig ist dann noch, bei der Tankstelle den aktuellen Preis zu vergleichen. Wir kennen das von der Schweiz: Man fährt auf die Tankstelle zu und sieht von weitem „Aha, der Liter Normal ist 1.71“. In Deutschland muss man wirklich sehr langsam auf die Tankstelle zufahren, um auf dem Schild den korrekten Preis zu entziffern, denn zu den verschiedenen Spritsorten kommt noch der Preis für Diesel für Trucker und für Erdgas. Aber die Land-Tankstelle im Dorf Trogen machte es uns einfach: Super, E10 und Diesel, das wars…
In Hof machten wir einen Rasthalt und assen im Zentrum in einer Bäckerei ein Sandwich. Anschliessend erreichten wir Bamberg und somit Bayern, wo wir unser Nachtlager im Hotel Bamberger Hof Bellevue aufschlagen. Der Dalai Lama hat es uns vor ein paar Jahren gleich getan. Die Dalai-Lama-Suite kostet übrigens 450 € – unser Zimmer war massiv günstiger…
Am Abend schlenderten wir durch das UNESCO-Weltkulturerbestädtchen Bamberg und genossen die alten Häuser und die langen Fussgängerzonen. Im Restaurant Hofbräu assen wir Znacht.
Übrigens: nachdem wir heute mit 31°C wieder einen sehr heissen Tag hatten, begann es am Abend zu regnen. Die Kachelmänner meinen, morgen müssen wir wieder die langen Hosen anziehen.
Statistisches: 223 km