Das Wetter ist nicht besser geworden. Im Gegenteil. Tief ins Tal hinein hängen die Nebelschwaden. Von den Bergen sieht man nichts mehr. Wir lassen den Tag gemütlich angehen. Unseren nächsten Fixpunkt haben wir erst um 11:00 Uhr. Nach einer ausgedehnten warmen Dusche („Free Showers“ können bei diesem Wetter rasch ein Kriterium werden, das für einen in der Regel meist teureren Campground spricht. Als Alternative gibt es Campgrounds, auf denen man „Shower Tokens“ erwerben kann, für die man dann z.B. 7.5 Minuten duschen kann. Wobei „duschen“ in diesen Fällen dann nicht immer „duschen“ bedeutet. Wir haben diese Lektion auf unserem ersten Campground im Denali-Park gelernt. Da legt man sich alle Sachen einsatzbereit auf ein sich in Griffnähe befindendes Taburettli wirft die Tokens ein und – sofern frau weiss, wie sie die sanitäre Installation zu bedienen hat – beginnt das Wasser zu laufen. Zumindest das kalte Wasser. Nach rund zwei Minuten ist es dann für einen Moment angenehm warm, bevor das Wasser – frau/mann hat den Wasserhahn ja voll Richtung „Hot“ aufgedreht – siedend heiss auf die Haut prasselt. Im weiteren Duschverlauf ist es nicht möglich, eine angenehme Feinjustierung vorzunehmen. Entweder ist das Wasser siedend heiss oder eisig kalt. Und das im Jahr 2010.).
P.S.
Wenn sich frau dann noch vom Mann erklären lassen muss, wie die Duscharmatur zu bedienen ist, sind die 7.5 Minuten rasch vorüber und neue Tokens für weitere 7.5 Minuten geschuldet. 🙂
Eben, nach einer morgendlichen Dusche, frühstückten wir und beobachteten das muntere Treiben auf unserem Campground in Valdez. In Valdez dreht sich eigentlich alles nur um ein Thema: fish, fish, fish! („What an experience to spend a day out on the water, to feel the sea breeze and to reel in that barn-door size halibut!“). Und wo man hinschaut, sieht man Bilder von erfolgreichen Fischern, die stolz ihren (eben fast scheunentorgrossen) Fang präsentieren. Sensationell. Und genau solche Fischer haben gestern Abend „ihre Ernte“ in unmittelbarer Nähe unseres Campers fein säuberlich ausgenommen, gewaschen, filetiert und in Coolers verpackt. Tja, ein weiteres Kriterium für einen guten Campground hier in Alaska ist, dass er über die Facility einer „Fish Cleaning Station“ verfügt. Es gibt also noch bedeutungsvollere Einrichtungen, als wir Warmduscher denken.
Ein kurzer Morgenspaziergang hat das Ziel „Ferry Dock“. Wir möchten am Montag die Fähre von Valdez nach Whittier nehmen, so dass wir nicht einen Teil der Strecke, die wir am Samstag zurückgelegt haben, um nach Valdez zu gelangen, wieder zurückfahren müssen. Online haben wir die Info erhalten, dass die Fähre ausgebucht sei. Wir wollen uns daher vor Ort weiter erkundigen. Tatsächlich buchen sie uns auf „Standby“. Wird eine Reservation aufgehoben, sind wir dabei. Montagmorgen früh um 07:00 Uhr sehen wir weiter.
Um 11:00 Uhr holt uns der Shuttle für die Cruise im Prince William Sound ab. Nach der kurzen Fahrt zum Hafen, holen wir im Office unsere Boarding Passes ab and we have some fun with the stuffed animals, die sie verkaufen. Da gibt es Plüsch-Weisskopfadler oder Finger- und Handplüschtiere (z.B. einen Seehund) … ja wir hatten fun. Und schon gings los: Cruise-Schiff besteigen, Sicherheitsbestimmungen anhören bzw. -schauen und sämtliche Warnhinweise lesen (z.B. ist es auf dem Schiff verboten, illegale Drogen zu konsumieren !?). Mittlerweile zeigt sich auch die Sonne – vielversprechend. Der Ausflug ist etwas vom Schönsten, das wir bisher unternommen haben. Schon beim Verlassen des Hafens sehen wir erste See-Otter (in lazy Relax-Position auf dem Rücken vor sich hertreibend; die lustigen Kerle haben auch den Übername „Playboys of the sea“). Einige Meilen ausserhalb von Valdez können wir die ersten auf dem Meer treibenden Eisbrocken vom Columbia-Glacier erkennen. Einige ganz weiss, andere hellblau schimmernd, wieder andere grau-schwarz, voller Steingeröll und Sand – Geschiebe des Gletschers. Dann eine grosse Kolonie von Seelöwen: die einen quirlig im Wasser tauchend, springend, schwimmend. Andere behäbig auf Küstenfelsen herumlärmend, am Kämpfen um die besten Plätze. Der Lärm ist gross. Unmittelbar oberhalb der Seehunde-Kolonie haben sich die Papageientaucher (engl. Puffins) einquartiert. Die schwarz-weissen Vögel mit den bunten Schnäbel beeindrucken uns durch ihre spektakulären Landungen in den steilen Felsen. Haben die Saugnäpfe an den Füssen, damit sie nicht abrutschen? Um so schwerfälliger tun sie sich, wenn sie vom Wasser aus starten. Da braucht es schon ein wenig Schub, bis sie abheben. Auch Kormorane kriegen wir zu sehen. Und dann kriegen wir einen ersten Orca (Killerwal) zu Gesicht. Schon bald stösst ein zweiter dazu und begleitet unser Schiff für eine kurze Zeit. Wenig später kriegen wir eine Orca-Mama mit Orca-Baby zu sehen. Der Guide auf unserem Boot meint, dass das junge wohl erst einige Wochen alt sei. Seite an Seite schwimmen die beiden Tiere zuerst back- dann steuerbord-seitig mit unserem Schiff. Eindrücklich, wir geniessen dieses einmalige Erlebnis. Zwölf Meilen vom Punkt entfernt, an dem der Columbia-Glacier das Meer erreicht, heisst es umkehren. Können die Cruise-Schiffe sonst jeweils noch zwei Meilen weiter in den Sound hineinfahren, befinden wir uns nun schon in recht festem Eis, das eine sichere Weiterfahrt verunmöglicht. Rückzug ist angesagt. Es ist klirrend kalt auf Deck (trotz Thermo-Wäsche, Handschuhe, Mütze und guter Outdoor-Jacke). Die Kälte hält einen jungen Amerikaner nicht ab, auf Deck seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen. Kniend hält er um ihre Hand an. Sie ist total überrascht, erste Tränen fliessen, und ist ab allem inkl. dem Ring, den er ihr an den Finger steckt so überwältigt, dass sie nur noch weint. Schön, den beiden alles, alles Gute.
Auf der Fahrt zurück nach Valdez sehen wir noch zwei Weisskopfadler. Einer davon aus sehr kurzer Distanz. Diesmal sind die japanischen Touristen verzückt. Eine Dame der Reisegruppe trägt dem Adler ein Lied vor – den Text haben wir leider nicht verstanden – sie ist völlig aus dem Häuschen. Halt eben „Freude herrscht“. Zurück im Hafen tuckert unser Boot in Richtung Anlegestelle. Da treibt was im Wasser. Holz? Ein Otter? Ja, ein Otter. Der bewegt sich aber gar nicht. Ist der tot? Ah nein, er lebt, gerade eben hat er sich bewegt. Allgemeines Aufschnaufen vor allem bei den weiblichen Passagieren inkl. der künftigen Braut. In aller Ruhe reibt sich der Bursche zuerst die Augen, zuerst rechts, dann links, dann öffnet er sie, gähnt genüsslich bevor er sich dann gemächlich davon macht. So ruhig und entspannt wie er fühlen auch wir uns nach diesem tollen Ausflug. Wir lassen den Tag bei einem gemütlichen Abendessen in Mike’s Palace, einem allseits gerühmten Beizli, bei einem feinen gegrillten Heilbuttfilets (ein scheunentorgrosser Fisch wäre doch zuviel gewesen) mit baked potatoe und Salat ausklingen. Schön war’s.
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Hallo ihr Globetrotter, das Streckenprofil sieht ja beängstigend aus. Höhendifferenz 42m? Wellen von 42m?
Hallo Thomas
das mit den 42 m ist natürlich falsch. Es müssten 142 m sein! Denn wir haben wirklich schlechtes Wetter…
😉
Beste Grüsse von Schoscht und Schwager