Ganz durchgeschlafen haben wir nicht. Man merkt, dass man im Zug ist, es schaukelt, es bremst, der Zug steht irgendwo…
…und plötzlich tönt es draussen aus dem Lautsprecher am Bahnhof „Perpignan. Gare de Perpignan“. Wow, schon fast in Spanien.
Wir stehen auf und gehen unter die Dusche. Dies ist wohl die sicherste Dusche weltweit: sie ist so klein, dass man keine Chance hat auszurutschen… Und der Wasserstrahl gleicht den Niagarafällen nach einer achtjährigen Trockenperiode. Eh, wichtig ist, dass wir uns ein bisschen waschen können.
In Cerbère, dem letzten Bahnhof auf französischem Gebiet, gibt es einen längeren Halt. Ich geniesse den Sonnenaufgang über dem Meer und schaue dem Treiben am Bahnhof zu. Die französische Lok wird abgehängt und hinten am Zug wieder angehängt (der Zug ist mittlerweile doppelt so lang als in Bern, da irgendwo unterwegs in Frankreich die Wagen aus Milano angehängt wurden). Dann wird der Zug nach Spanien geschoben. Zuerst geht es durch einen ca 2 km langen Tunnel durch einen Ausläufer der Pyrenäen in Richtung Port Bou, dem spanischen Grenzort. Dort wird der Zug durch ein Haus geschoben, welches es in sich hat: dort befindet sich eine Installation, die die Spurweite der Achsen verändert. Bis Cerbère hatten wir die Normalspur (1435 mm Spurweite), von nun an geht es auf der iberischen Breitspur weiter (1668 mm Spurweite, welche durch Mittelung der portugiesischen [1665 mm] und der spanischen [1672 mm] Breitspur entstand). Durch diese Installation ist es möglich, ohne umsteigen über verschiedene Spuren zu fahren.
Mit der Inbetriebnahme der neuen Hochgeschwindigkeitslinie von Perpignan nach Barcelona werden künftig die Reisenden im TGV über die Grenze brausen – das eindrückliche Bahnspektakel braucht es dann nicht mehr.
Nach dieser Show gehen wir zum Frühstück in den Speisewagen. Auch das Zmorge ist lecker und schmeckt mit der Sicht durchs Zugfenster auf das Meer doppelt gut.
Anschliessend ziehen wir uns wieder in unsere Kabine zurück, welche mittlerweile durch den Zugbegleiter in die Tagesposition verbracht wurde. Wir konnten nun sitzen und die Gegend bestaunen.
Mit ein paar Minuten Verspätung treffen wir in Barcelona França ein. Dieser Bahnhof war der erste Bahnhof in Barcelona und wurde 1848 gebaut. Das heutige Aussehen erhielt er 1929 aus Anlass der Weltausstellung. Die Bahnhofhalle ist 29 Meter hoch und 195 Meter lang.
Wir nehmen ein Taxi zu unserem Hotel. Der Verkehr ist nicht stark, so dass wir rasch vorwärts kommen und um 11:00 an der Reception stehen. Nein, sie haben keine Kenntnis unserer Reservation und müssen zuerst hinten im Büro nachschauen, ob da was notiert ist.
Das ganze Check-in Prozedere mit Anstehen und abklären dauerte so rund 45 Minuten und endete mit dem Resultat, dass sie zwar ein Zimmer für uns haben, aber dies erst etwa um 14:00 Uhr bereit ist. Wir lassen unser Gepäck im Hotel und machen eine erste Entdeckungsreise in der Stadt der Entdecker. Wir spazieren von der Carrer de Mallorca, wo sich unser Hotel befindet, die Passeig de Gràcia herunter Richtung Placa de Catalunya. Den Geschäften nach zu schliessen, die sich links und rechts der Strasse befinden, sind wir wohl an einer luxuriösen Promeniermeile. Louis Vuitton, Brioni und wie sie alle heissen. Daneben aber auch ein Nespresso Shop, der noch mehr Luxus ausstrahlt, als wir uns mit diesem Premiumprodukt überhaupt in die Stube holen. Dann aber auch Stores von Nike, Adidas, Puma, Guess und unübersehbar Apple. Und dort hielt ich das erste Mal ein iPhone 5 in den Händen. Wir sind bei der Plaça de Catalunya angekommen und gehen ins Warenhaus El Corte Inglés. Dieses Warenhaus hat alles. Und mit alles meine ich wirklich alles. Im 1. UG hat es wie im Globus in Bern eine Delikatessenabteilung. Cheddar Cheese für 54.– das Kilo? Eine Salami zum Preis von 75.– das Kilo? Wein, die Flasche grad mal so lumpige 780.– Kann man hier alles haben. Ob sich es lohnt, so viel Geld auszugeben, kann ich nicht sagen, aber scheinbar gibt es auch im krisengeschüttelten Spanien einen Markt dafür.
Wir verbringen einige Zeit in diesem Warenhaus und spazieren anschliessend wieder gemütlich zum Hotel. Unterwegs machen wir Halt in einer Tapas-Bar und geniessen ein paar iberische Leckereien. Die Temperatur ist rund 16° C – und zu Hause soll es schneien. Wir müssen also die warmen Stunden in uns aufnehmen, dass wir zu Hause dann noch ein bisschen Wärme in uns haben.
Das Hotelzimmer ist Mitte Nachmittag bereit und wir können es beziehen. Wir haben uns für ein bisschen grösseres Zimmer entschieden und erhalten quasi eine Zweiraumwohung in der 5. Etage. Obschon das ganze Hotel vor 2 Jahren modernisiert wurde, hat man die alten Böden belassen. So haben wir im Zimmer ein Steinmosaik, welches wunderschön ist. Und auch die Decke gefällt mit den vielen Stuck-Verzierungen.
Nach dem ersten „ankommen“ machen wir eine Siesta und machen uns am späteren Nachmittag noch einmal auf, Barcelona ein bisschen zu entdecken. Wir spazieren zur Sagrada Familia, der Kirche von Gaudi, an welcher seit 1882 gebaut wird und vielleicht in 10 Jahren fertig wird. Oder in 20 Jahren? Auch zu eher später Stunde hat es immer noch viele Touristen, die diese Baustelle Kirche besichtigen wollen. Wir verzichten darauf, die Kirche von innen zu besichtigen, da sie in einigen Minuten schliesst und da der Eintrittspreis von 13.– doch eher in die Kategorie „Money making“ geht. Wir spazieren wieder zurück zur Plaza de Catalunya. Wir staunen über die Wohnhäuser, welche wunderschön verziert sind und wohl viele Geschichten aus früheren Zeiten erzählen würden – wenn sie könnten.
Nach einigen Spazierminuten sind wir wieder an der Passeig de Gracia und wir gehen Richtung Hotel. Wir hoffen, in einem Restaurant, welches wir am Nachmittag gesehen haben, einen Platz zu finden. Unsere Gedanken werden gehört und wir können zwei Plätze im Brown33Â ergattern. Das Essen war gut, der Service äusserst schnoddrig und die Klimaanlage war so eingestellt, dass man, um den Unterschied von der Strasse zum Restaurant auszugleichen, einen Pullover anziehen musste.
Wir gehen zurück zum Hotel und geniessen noch ein Bad in unserem Whirlpool und schlafen schon bald ein. Wir haben heute viel gemacht, aber von der Grossstadt Barcelona noch sehr wenig gesehen.