Montag, 11. März 2013: Sayonara zäme!

Bereits um 09:00 Uhr klingelt der Wecker. Schon ein wenig früh, wenn wir bedenken, dass wir heute Morgen erst kurz vor 4 Uhr ins Bett gekommen sind. Aber so what … Unser Outdoor-Programm findet heute seine Fortsetzung. Aufstehen, frühstücken und wieder in die x Schichten unserer Outdoor-Kleider „einzwiebeln“. Vom Frühstück gilt es noch zu berichten, dass im kanadischen Morgen-Fernsehen tatsächlich ein Filmbeitrag zum Marder-Auftritt während des Fussballspiels FC Thun gegen den FC Zürich gezeigt wird. Als erstes geht es an diesem Morgen in die „Canadian Tire„-Filiale in Yellowknife. Dort kaufen wir Wärmebeutel und ein paar Schuhe. Und zwar nicht irgendwelche schönen Frühlingsschuhe, sondern ein paar Outdoor-Schuhe, welche die Füsse auch noch bei minus 30 Grad Celsius warm halten sollen. Um 12:30 Uhr finden wir uns erneut beim Explorer Hotel ein. Heute steht eine geführte Schnee-Schuhtour auf dem Programm. In zwei Bussen werden 74 Personen zum Aurora Village geführt. Unser Bus – Typ gelber Schulbus – ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Wir sitzen in der hintersten Reihe. Aufgrund der zahlreichen Unebenheiten auf der Strasse (Schlaglöcher und eingefahrene Schneereste) erinnert die Fahrt an eine Europapark-Bahn. Uns spickt es verschiedentlich aus den Sitzen und grössere Personen müssen acht geben, dass sie nicht die Köpfe anschlagen.

Kurz noch ein paar Angaben zur Diversität der Gruppe: von den erwähnten 74 Personen sind 70 Japaner, 2 Kanadier und 2 Schweizer. Von den 74 Personen gehen 6 Schneeschuhlaufen (2 Japaner, 2 Kanadier, 2 Schweizer). Martin wird sich am Schluss des Ausflugs vom Reiseleiter mit den Worten „It was a great pleasure for me to be the first time in Japan – outside of Japan“ verabschieden. Auf der rund halbstündigen Fahrt zum Aurora Village werden die Informationen zu den bevorstehenden Aktivitäten ausschliesslich in Japanisch gegeben. Die nicht Japaner erhalten die Infos vor Ort. Aber es ist sehr spassig und unterhaltsam mit der japanischen Gruppe. Persönliches Highlight: Der japanische Guide erkundigt sich nach dem Namen der Schlittenhunde und eine vorwiegend aus Frauenstimmen bestehender Chor säuselt melodiös zurück: „Öskiiiiiiiiiiii.“

Nach der Ankunft im Aurora-Village, das wir nach gestern Nacht nun bei Tag sehen (und es ist einmal mehr ein absoluter Prachtstag, den uns Yellowknife bietet), werden wir in unsere Aktivitätengruppe aufgeteilt. Bevor wir unsere Tour starten, bereiten wir uns am offenen Feuer Marshmellows zu. Grilled Marshmellows seien wie hot icecream hat mich der eine japanische Guide wissen lassen. Und tatsächlich, die schmecken wunderbar. Nach zwei Marshmellows haben wir aber genug. Schon geht es aber los mit Schneeschuhlaufen. Wir erhalten je ein paar der racketförmigen Holzschneeschuhe. Kein Vergleich zu unseren modernen Kunststoffschuhen mit Eisenzacken. Auf flachem Gelände und mit bereits vorhandenen Spuren von Vorläufern funktionieren die Teile recht gut. Anspruchsvoller wird es im hügeligen Gelände mit Neuschnee oder dann vor allem quer durch den Wald hindurch, wo man immer wieder aufpassen muss, dass es nicht zu Einfädlern an Wurzeln kommt. Wir durchqueren lichte Birkenwälder, eine flache Ebene, auf der einen ein eisiger Wind ins Gesicht bläst und eine hügelige Waldzone, wo's manchmal so stotzig ist und die Schuhe keinen Halt geben, dass man sich an Stämmen und Ästen hochhangeln muss.

Unser einheimischer (first nation) Guide sammelt während der Tour immer wieder Birkenrinde-Späne und trockenes Holz ein, um uns später zu zeigen, wie man trotz Schnee ein wärmendes Feuer entfachen kann. Werden dann noch Tannäste aufs Feuer gelegt, ergibt dies eine hohe Rauchsäule, was bei Notfällen in den grossflächigen Wäldern lebensrettend sein kann.

Wir kehren glücklicherweise heil ins Village zurück, wo ein emsiges Treiben herrscht. Vor den Hundeschlitten sind bereits die lautstarken Öskiiiiiiiiiiis formiert. Sie können fast nicht mehr warten bis es losgeht. Auf der Fläche des zugefrorenen Sees fahren die Snowmobiles (oder Schneetöffe, wie wir sagen) herum. Vorwiegend (japanische) Töfflibuebe haben hier ihren Spass und toben sich aus.

Wir entscheiden uns, Snowgliding zu gehen. Es gibt hierfür eine vorbereitet Bahn. Diese beginnt mit einer recht stotzigen Abfahrt im Startgelände, die dann in ein etwas weniger steiles Stück übergeht und dann auf dem gefrorenen See ausläuft. Wir nehmen uns eine Doppelslide. Bei den Slides handelt es sich um mit Luft gefüllte Reifen, die mit Stoff umhüllt sind. Nach einem kurzen Aufstieg ist das Startgelände erreicht. Wir setzen uns in die Slides und wuchten uns auf die Bahn. Einfacher gesagt als getan, denn bei der Doppelslide muss man aufpassen, dass man nicht zu weit nach vorne rutscht, da die Fahrt sonst losgeht bevor beide darin Platz genommen haben. Dafür muss man sich dann gemeinsam nach vorne wuchten, damit auch die zweite Slide vom Holzboden aufs Eis gelangt. Schon geht's los. Zwei, drei Abheber krönen die rasante Abfahrt, die vor ausschliesslich japanischem Publikum stattfindet. Martin krönt unsere „Zieleinfahrt“ mit einem spontanen „Sayonara zäme“, was zu einigen Lachern führt. Dieses Slide-Erlebnis muss wiederholt werden. Daher begeben wir uns nochmals zum Start. Von der zweiten Fahrt gibt es sogar eine Live-Aufnahme, auf der alles, was ich vorhin in Worten zu schildern versucht habe, in Bildern gibt 🙂

Nach einem kurzen Spaziergang über den See zu den Öskiiiiiiiiiii-Ställen kehren wir zurück in die Dining Hall, wo wir uns ein warmes Getränk und einen Snack gönnen. Bei zahlreichen Japanern ist die grosse Müdigkeit eingetreten. Sie sitzen an den Tischen, des sonnengefluteten Raumes, haben die Köpfe auf das auf den Tischen vor ihnen liegenden Gepäck gelegt und schlafen. Kurz vor 17:00 Uhr verlassen wir das schöne Gelände und machen uns auf den Rückweg Richtung Explorer Hotel. Dort stöpseln wir unser Auto los und fahren Richtung Old Town zu Bullock's Bistro, wo wir Abendessen wollen. Bullock's Bistro scheint hier in Yellowknife eine Institution zu sein. Die Beschreibung im 2013 Visitors Guide „Discover Yellowknife“ ist so treffend und die Location könnte nicht treffender beschreiben werden, so dass wir den Text gerade 1:1 übernehmen: „For freshly caught whitefish, pickerel or char, pay a visit to Bullock's Bistro, recognized by Reader's Digest as one of the finest restaurants in the country. Housed in a log cabin that was once Weaver and Devore's store, the interior walls are covered with signs, photos, autographs and testimonials to the delicious meals had by visitors past. Rumours of the cranky servers are way overblown – the staff is the friendliest in town. Mostly. Just don't show up talking on your cell phone. Try the pan-fried local fish with home made fries and salad and served with Bullok's secret fish sauce. And, when you are done, make your mark – sign the wall, or the table, or even the ceiling, if you can reach it.“ Ein echter Volltreffer diese Location. Nicht ganz günstig das Essen aber in Anbetracht von Qualität und Ambiente jeden Cent Wert.

P.S. Im Tourist Guide sind die home made fries erwähnt. Und die sind wirklich frisch zubereitet. Wir haben nach kurzer Wartezeit zwei Plätze an der Bar mit direkter Sicht auf den Grill erhalten. Als die Fries am Ausgehen waren, hat die Küchenhilfe eine Kiste mit Kartoffeln gebracht und diese seitlich zur Wand abgestellt. Daraufhin hat die Köchin die benötigte Menge an Kartoffeln direkt mit einer an der Wand fix montierten Metall-Pommes-Frites-Schneide-Vorrichtung – so wie wir sie früher aus Plastik von Zylyss hatten – zu Pommes Frites verarbeitet. Frischer geht's wirklich nicht.

 

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