Mittwoch, 11. August 2010: Und wieder in Anchorage

Wir haben Ferien! Irgendwann mal aufwachen, noch ein wenig dösen und dann gemütlich in den Tag eintauchen. Das haben wir heute so richtig genossen. Beim Frühstücken, beobachten wir wieder wie gestern die Möwen, die sich lautlos im Wind treiben lassen. Ihre Gleitflüge, die sie hier in Formations-Rundflügen absolvieren, sind eindrücklich. Dann und wann ertönt ein-, zweimal ein kurzer Möwenschrei und dann ist es wieder still. Auch wir wollen uns weitertreiben lassen in Alaska. Darum alles im Camper verstauen und alle Kabel und den Sewer-Schlauch demontieren. Zu diesen Vorkehrungen noch folgendes: Auf dem Campground in Valdez hatte es beim Ausgang des Campgrounds eine grosse Tafel, auf der zur Erinnerung vor dem Verlassen des Sites folgendes stand:
„Bevor du diesen Campground verlässt, prüfe, ob du:
1. Die Treppenstufe zu deinem Camper eingezogen hast. 2. Die Kabel für TV und Strom sowie den Sewer-Schlauch (für das schwarze (WC) und das graue (Küche und Bad-Brünneli) Wasser) demontiert hast. 3. Deine Frau dabei hast.“ Funny guys diese Amerikaner. In Kenai statten wir dem lokalen Walmart einen kurzen Besuch ab, um dort die CD von Lady Antebellum (eine Country-Gruppe, die aktuell mit ihrem Song „Need you now“ auch in den CH-Charts vertreten ist) zu kaufen. Martin hat mir gestern die Internetseite „People of Walmart“ gezeigt. Schlimm was da abgebildet ist. Wir haben uns daher etwas zurechtgemacht, um nicht Gefahr zu laufen, dass … 🙂

Eigentlich wollten wir ja nur kurz eine CD kaufen. Und gekauft haben wir âuch nur eine CD. Aber zum Anschauen gab es unheimlich viel, das uns staunen liess. Hier kurz einige Highlights: Beim Eingang im Sektor „Home and Living“, kommt man direkt in die Papeterie-Abteilung. Dort hat es ein Gestell mit Fächern. In jedem Fach ist klassenspezifisch die Liste der benötigten Schulutensilien für das nächste Schuljahr. Also zum Beispiel „Elementary School, 4th degree, Teacher Mr. Francis Exemple (bei uns heisst der doch immer Franz Muster). Martin mach einen Abstecher in die Freizeit-Abteilung und kehrt mit Fotos eines grossen Kühlschranks, in dem es verschiedene gekühlte Lebend-Köder fürs Fischen zu kaufen gibt. Die Fischruten-Auswahl erstreckt sich über vier lange Gestelle und etwas gleich umfassend ist die Auswahl an Kühlboxen, zum vorübergehenden, bärensicheren Verstauen der gefangenen Fische. Ich entdecke im Health-Corner eine Riesenpackung Zyrtec (in der Schweiz in Apotheken erhältlich; lindert allergische Beschwerden, z.B. bei Heuschnupfen). Vermerk auf der dazugehörenden Werbetafel: „Extra gross, extra günstig – für Ihre Familie“. Tja, da wird ein simpler Walmart-Besuch schon zum Erlebnis. Danach widmeten wir uns aber wieder bedeutungsvolleren Dingen. Auf der Marathon-Road, welche ca. die ersten 300 feet asphaltiert war (innerhalb dieser 300 Füsse, also ca. 100 Meter befand sich auch die Einrichtung „Youth Facility“ (Originalausdruck). Dabei handelt es sich nicht etwa um einen Jugend-Freizeit-Club, sondern um eine Jugendverwahrungs-Anstalt) und dann zu einem einfachen Waldweg mutierte, gab es einen Mooses- und Karibu-Lookout (Karibu = mehr oder weniger Rentier, bisher konnte uns das hier niemand so richtig erklären). Tatsächlich bekamen wir Karibus zu sehen, wenn auch nur aus grosser Distanz, aber mit dem Feldstecher gut zu erkennen. Weiter ging es in Richtung „back to Anchorage“. Schöne Strecke (Sterling Highway) durch eine abwechslungsreiche, wunderschöne Naturlandschaft. Da auch das Wetter besser ist als gestern, macht die Reise richtig Spass. Kleiner Nebenschauplatz: Als wir unterwegs in Cooper Landing, einem kleinen Ort mitten in der Prärie, wieder wie bei der Hinreise bei einem Café mit angeschlossener Tankstelle tanken gehen, erkennt man uns wieder „You know how it works, just go on and help yourself.“ Ob all der sonstigen Oberflächlichkeit staunen wir doch ein wenig.

Auch auf dieser Fahrt fallen uns u.a. folgende zwei Sachen auf: Es soll bitte niemand mehr das Gefühl haben, in den Staaten gäbe es nur die wässerige Kaffeebrühe, die den ganzen Tag auf einer heissen Kaffekocher-Platte vor sich hin blubbert. Nein, da gibt es mittlerweile in jedem Kaff kleine drive-thru Kaffee-Häuschen. Darin haben gerade mal eine Kolben-Kaffeemaschine mit Milchschäumer und meistens eine schlanke (in Valdez war es eine ausgesprochen hübsche) Kaffee-Macherin (sagt man da Barista?) nebst natürlich den weiteren benötigten Utensilien Platz. Der Kaffee (z.B. Latte macchiato) schmeckt vorzüglich. Witzig ist, dass nicht alle Häuschen einfach simpel mit „Espersso“ angeschrieben sind. Im bekannten Amy-Wortverdreh-Stil ist da ein Häuschen z.B. mit „La Vida Mocha“ angeschrieben. Die zweite Sache ist nicht lustig, stimmt uns nachdenklich. Immer wieder sehen wir am Rand des Highways Schilder mit der Aufschrift „Drive safely“ oder „Don’t drink and drive“ und dann sind jeweils die Namen von verunglückten Menschen, manchmal von ganzen Familien aufgeführt. Die langen, teilweise schier endlos erscheinenden Highway-Strecken können heinmtückisch sein. Da braucht es manchmal einen Schutzengel.

Wir kommen müde, aber glücklicherweise gut in Anchorage an und finden unseren letzten Campground für diesen Teil unserer Reise auf Anhieb. Nachdem wir uns eingerichtet haben, machen wir uns ans Zusammenpacken unseres Gepäcks, Räumen und Putzen den Küchenteil und bringen alles ein wenig auf Vordermann, so dass wir morgen nur noch Tanken und das Propan auffüllen lassen müssen und dann vereinbarungsgemäss unseren Wagen vor 10.00 Uhr abgeben können. Wir haben noch eine Packung Risotto-Reis, den wir heute Abend geniessen wollen. Martin möchte noch ein Stück Fleisch dazu und macht sich daher auf die Suche, nach einem Supermarkt. Auf unserer Campground-Map entdecken wir die Werbung von „Costco – Wholesale“. Prima, nicht’s wie los. Nach ungefähr einer halben Stunde ist er zurück – ohne Fleisch. Als er das Costco-Geschäft betreten hat, wird er von einer Dame beim Eingang aufgefordert, einen Einkaufswagen zu nehmen. Er antwortet, dass er für ein Item keinen Wagen brauche. Die Dame stutzt und fragt nach, ob er denn einen Ausweis habe. Für was einen Ausweis, wenn man nur ein Stück Fleisch kaufen will? Aha, Costco ist ein Grossmarkt für Restaurant-Besitzer. Da braucht es einen Ausweis zum Einkaufen – ähnlich wie bei uns in der Prodega. Wir lassen deshalb das Kochen heute Abend sein und gehen auswärts essen. Den Risotto können wir morgen bei unserem Campground-Vermieter abgeben, so dass ihn nachfolgende Reisende geniessen können.

Gefahrene Strecke

Standort:

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2 Gedanken zu „Mittwoch, 11. August 2010: Und wieder in Anchorage“

  1. Hallo ihr Wellenreiter, am Sammstag ist Sommerfest in Köniz (wie ist das Wetter bei euch?). Mam will sich eure Reiseberichte anschauen. Wie wärs mit einem Selbstportrait von euch Globetrottern?

  2. Ein herzliches Hallo an die zwei Überflieger!
    Wie schön eure Reiseberichte zu lesen. Zwischendurch hat man das Gefühl ganz in Eurer nähe zu sein. Ich freue mich bereits auf den nächsten Reisetag mit euch beiden. Das Wetter hier ist wieder zur Zeit regnerisch. Doch die laue Temperatur hält sich gut und so muss die Heizung nicht gestartet werden. Ganz liebe Grüsse aus Ostermundigen.
    Nadia

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