Freitag, 13. August 2010: On track

Heute war der Eisenbahn- und Schifftag. Er begann um 2:07 morgens, als irgendwo in Anchorage ein Güterzug einfuhr und dies mit der Lokpfeife der ganzen Welt kundtun musste. In meinem Buch „Lokführer dieser Welt“ wird DIESEM Lokführer ein spezielles Kapitel gewidmet… Nun, einige Minuten später konnte ich wieder einschlafen, bis kurz vor 5. Schliesslich muss man in den USA rechtzeitig am Bahnhof sein. In unserem Fall heisst dies bei einer Abfahrt um 6:45 muss man um 5:45 am Bahnhof sein, um die ganze Eincheckprozedur vorzunehmen. Auch wenn der Bahnhof nicht 43allzuweit von unserem Hotel entfernt war, haben wir das erste Taxi der Schlange genommen. Der Taxichauffeur hatte ein steifes Bein und konnte nur mit Mühe aus dem Taxi steigen und unser Gepäck einladen. Gefühlte 2 Minuten später waren wir am Bahnhof. „Wie viel bin ich schuldig?“ – „Gib mir so viel du willst für diese (kurze) Fahrt.“ Aha, solches ist mir in der Schweiz bei unserem Taxigewerbe noch nie wiederfahren… Ich gab ihm 5$ und er hat das Geld kommentarlos eingesteckt.
Nun waren wir also am Bahnhof, das Gepäck mussten wir in einem separaten Zelt einchecken. Wir konnten direkt an den Schalter der Celebrity Cruises, unserer Kreuzfahrtgesellschaft, und konnten das Gepäck von Anchorage direkt in unsere Schiffskabine einchecken  – ein Superservice! Nachdem wir das Gepäck losgeworden sind, standen wir beim Schalter an, um die Fahrkarten abzuholen. Diese lagen bereit und wir erhielten Ticket/Platzkarte ausgehändigt, sowie einen Pin, den wir als Goldstar-Passagiere zu tragen haben. Kurz darauf ist der Zug eingeschoben worden, selbstverständlich durften wir noch nicht einsteigen, das Perron muss frei bleiben bis das Personal das Zeichen zum Einsteigen gibt. Und sobald dieses Zeichen da ist, setzt sich die ganze Touristenmeute, einer Kuhherde ähnlich, in Bewegung Richtung Zug. Unser Wagen, Wagen A war ganz vorne. DoppeldeckerWir hatten einen Doppelstockwagen mit Speisewagen im unteren und Panoramadeck im oberen Stock. Im oberen Stock hat es auch eine Aussichtsplattform, von wo aus man ohne Fensterglas vor dem Gesicht die Aussicht geniessen kann. Mit 8 Minuten Verspätung setzte sich unser ZUg in Bewegung und schon bald konnten wir im Speisewagen Platz nehmen. Rührei mit Rentierwurst bzw. ein Rührei mit Croissant war unser Frühstück. Die Reise führte entlag dem „Turnagain-Arm“ in Richtung Seward, vorbei an einer wirklich bezaubernden Landschaft mit grossartiger Natur, Sicht auf einige Tiere (Elche, Adler), tollen Wasserfällen und dutzenden von Gletschern. Die ganze Gletscherlandschaft ist wirklich spektakulär und eindrucksvoll. An vielen Stellen fuhr der Zug nur Schrittgeschwindigkeit, damit die Touristen die Gletscher bewundern konnten. Das Ganze wurde natürlich über Lautsprecher erklärt und den Reisenden noch wertvolle Infos mitgegeben („Die Biber bauen Dämme aus Holz und wohnen darin.“). Schpenser GleiserEin spezieller Zungenbrecher war dabei (zumindest für uns) die Aussage „on the left you see the Spencer Glacier.“ Probiert doch mal 5x nacheinander schnell den Ausdruck „Spencer Glacier“ zu sagen? (oder auch „Ar Schwarztorschtrass schtinkts“ oder wahlweise auch „Der klapprige Kaplan klebt poppige Papp-Plakate an die klappernde Kapellwand.“). Nach 4 1/2 Stunden Fahrt (für etwa 175 km Fahrt) sind wir in Seward angekommen. Vor Seward hat auch der Regen eingesetzt und somit war ein Rekord aus dem Jahre 1951 egalisiert worden: Seit 27 Tagen hat es ohne Unterbruch mindestens einmal im Tag geregnet. Wenn es nun noch morgen regnet, wird 2010 in die Rekordbücher Alaskas eingehen (solche Sommer sind aussergewöhnlich, wird uns überall versichert. Aber das haben sie auch in unseren letzten Ferien gesagt, wo wir in Norwegen auch fast Schwimmhäute zwischen den Fingern kriegten…).

Aussichtswagen

Da wir erst um 13:00 auf dem Schiff einchecken konnten, mussten wir in Seward noch fast 2 Stunden die Zeit rumbringen. Und Seward… Sagen wir es so: In einem Reiseführer würde stehen: „Ein Umweg lohnt sich nicht, um Seward zu sehen“. Und so kam es uns auch vor. wir sind trotzdem die Meile vom Hafen zur  „Historc Downtown“ marschiert, in der Hoffnung dort noch was essen zu können. Anfang der 80er Jahre hat man von Les Verrières gesagt, in diesem Dorf hat es 27 Beizen. Ähnliches lässt sich wohl von Seward sagen, aber über die Anzahl der Kirchen. Wenn man nun die 2’000 Einwohner geteilt durch die Anzahl Kirchen rechnet, gibt das etwa 75 Leute, die einen Pfarrer und die ganze Infrastruktur finanzieren müssen. NMP (not my problem). Wir fanden übrigens ein griechisches Restaurant, das Restaurant Apollo welches innen und aussen mit ionischen Säulen (oder waren es korinthische Säulen) sowie Athen-Bildern verziert war und Hamburger und Pizza als Angebot hatten. Wir bestellten eine Pizza. Traditionell bestellt man in den USA eine grössere Pizza und teilt sich diese. Die Masse sind jeweils angegeben, man konnte Pizzen in der Grösse 12″, 16″ oder 20″ haben. Mir war grad nicht klar, wie gross ein Anführungszeichen in cm ist, haben die 16 Anführungszeichen besetllt, was sich dann als lecker aber ein bisschen zu gross herausgestellt hat… 2.56 cm ist ein Anführungszeichen, welches sich Inch nennt…

EincheckhalleEin Shuttlebus brachte uns dann von Downtown zum Hafen, wo wir auf das Schiff einchecken konnten. Das Ganze spielte sich in einem grossen ehemaligen Lagerraum ab, wo man etwa 14 Schalter temporär aufgestellt hat. Wir mussten einen Fragebogen ausfüllen wo wir bestätigt haben, dass wir in den letzten Tagen weder Durchfall noch Schwindsucht hatten. Man will sich also keine Chäferli aufs Schiff holen. Die Eincheckerin erwähnte noch, dass ihre Mutter auch eine Schweizerin sei, sie komme aus Grischun aus einem Dorf, dessen Name ich noch nie gehört habe (vermutlich kein Bahn-, Postauto- und Schiffa nschluss, drum…).
Vor dem Einsteigen aufs Schiff mussten wir noch durch eine Sicherheitskontrolle wie auf dem Flughafen.
Wir haben das Schiff bestiegen, fast auf Anhieb unsere Kabine gefunden und wurden von Salome, unserer „Stateroom Attendant“ in Empfang genommen. Nach einem ersten privaten Moment in der Kabine haben wir an der Schiffbesichtigung teilgenommen. Diese dauerte über eine Stunde – schliesslich hat dieses Schiff, die „Celebrty Millenium“ 12 Stockwerke (unsere Kabine ist in Etage 9 und hat eine kleine Veranda)… Um 18:15 waren unsere Plätze fürs Nachtessen reserviert. Zuerst kommt man zum Empfangsdesk, wo einem Mitarbeiterin 1 empfängt. Mitarbeiter 2 bringt uns zum Tisch, Nummer 3 hilft mit den Stuhl unter den Allerwertesten zu bringen und drapiert die Serviette kunstvoll über der Lende. Nummer 4 ist der Hauptkellner und stellt sich mit Namen vor, Nummer 5 ist der Sommelier und will uns Wein verkaufen, Nummer 6 bringt das Essen und Nummer 7 das Dessert… Wir sind 2’000 Passagiere und es gibt 1’000 Crewmitglieder. Davon sind sicher 900 im Service tätigt… Für unsere Grosstante selig wäre dies hier übrigens ein Paradies: Sie pflegte auf Familienfesten das Servicepersonal jeweils zu fragen „Vous venez d’où, Monsieur?“ (notamment en français, auch wenn es mitten in Bern war… „Ah, de l’Algerie…“). Hier tragen alle Crewmember ein Namensschild, auf dem auch ihr Herkunftsland aufgeführtbist. Heute haben sich die Philippinen, Indonesien, Nicaragua und die Türkei um uns gekümmert.Master Drill Um  20:15 Uhr gab es einen Probealarm und wir mussten uns zum vorgesehenen Sammelplatz begeben. Hoffen wir doch, dass es bei der Probe bleibt. Rund 30 Minuten vorzeitig hat das Schiff abgelegt und nun sind wir unterwegs Richtung „Hubbard Glacier“. Mehr davon ein anderes Mal…

2 Gedanken zu „Freitag, 13. August 2010: On track“

  1. Im wissen, dass er hier auch liest, ergänzend noch der zungenbrecher ‚Travel-Role‘

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