Das Wetter meinte es heute wieder besser mit uns. Es war zwar immer noch alles sehr, sehr nass (bei uns würde man den Ausdruck “seichnass” benutzen) aber die Sonnenstrahlen gewährten wieder trocknende Wärme. Konnten wir am Donnerstagabend ob der Hitze in Osoyoos fast nicht einschlafen, so war es 24 Stunden später beim Outdoor-Zähneputzen fröstelnd kalt. Aber so ist das Camperleben.

Nach einem ausgiebigen Frühstück, zu dem wir heute erstmals wieder einmal richtiges Vollkornbrot hatten (im Safeway wird dieses Brot als “Swiss whole grain bread” angeboten. Das ist doch etwas für uns Schweizer Körndlipicker), packten wir unsere sieben Sachen wieder in unseren RV und setzten die Reise auf dem Crowsnest-Highway #3 fort. Diese führte uns an den Ortschaften Erie, Salmo und Burnt Flat vorbei. Und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Da sieht man die Tafel “You are entering Salmo”, dann die obligate Tankstelle, ein, zwei Häuser und dann nichts mehr. Das wäre dann also wohl Salmo gewesen. Nice to have been here and good bye.

VogelparadiesEinen ersten Zwischenstopp legten wir kurz vor Creston ein. Etwa 11 km westlich von Creston liegt das mitten im Sumpf von BC Hydro und anderen Industriefirmen gegründete Creston Valley Wildlife Interpretation Center. In diesem Feuchtgebiet leben zahlreiche Vogelarten, darunter Schwalben, Kolibris und Fischadler. Ein Holzplankenweg führt durch den Sumpf (vorher natürlich viel Anti Moskito-Spray anwenden) zu einem Turm, von wo aus man die Tiere (hauptsächlich Vögel aber auch Schildkröten) ideal beobachten kann (ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an unseren Feldstecher – ein Werbegeschenk des Swiss Bankers Travelers Cheque Centre). Auch Kanufahrten sind möglich. Ja sind möglich. Wollen wir diese Möglichkeit nutzen? Ja, wir wollen, denn schliesslich grämt sich mein lieber Reisebegleiter ja immer noch ein wenig ob der verpassten Walfisch-Watching-Kanu-Fahrt. Es war unübersehbar, dass das kleine grüne Boot, welches am Anlegesteg festgebunden war, seine volle Aufmerksamkeit auf sich zog. Zudem ging es nur noch 40 Minuten bis zur nächsten geführten Tour. Um 12.52 Uhr auf dem Vogel-Turm gab es kein Halten mehr. Eskimorolle, Seekrankheit und nasse Füsse hin oder her: Die Kanufahrt rief. Dan war unser Guide. Seine Eltern stammen ursprünglich aus Dänemark, darum wohl auch der Name “Dan” und England. Er erzählte uns eine Menge interessanter Dinge über die Tiere, die wir sahen (verschiedene Vogelarten, deren Namen uns weder auf englisch noch auf deutsch sehr geläufig sind, Wasserschlage, Schildkröten) und auch über diese, die wir nicht sahen (Biber und Muskrat). Es war äusserst interessant und der Besuch dieses Parks hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen. Ja, und das Be- und Entsteigen des Kanus verlief völlig unspektakulär. Aber wirklich echt und ehrlich – no kidding – es wäre sinnlos mehr Worte darauf zu verschwenden. Wir sahen pretty cool aus in den grossen Schwimmwesten – ja immerhin war der Wasserstand der Tümpel ca. 1 Meter hoch und wir meisterten auch die anspruchsvolle Schikane beim Biberbau und vor allem ein Auflaufen auf einer Schilfrohr-Schwimminsel souverän. Während unserer “Kanu-Safari” erklärte uns Dan auch den Unterschied zwischen Schilfrohr und Seegras. Dies an einem bekannten Bild, das Moses und Schilfrohr oder eben auch Seegras zeigt, in dessen Bildtitel aber gerade die falsche Bezeichnung verwendet wird. Da bin ich mit der Materie weder auf der biblischen noch auf der kunstgeschichtlichen Ebene zu wenig vertraut. Aber item. Wichtig ist, dass man Seegras essen kann. Dan bewies uns das am lebenden Exemplar und riss ein Seegras-Büschel aus, entfernte die äusserten Blätter und biss dann in den Stängel und reichte uns die Delikatesse weiter. Tatsächlich, schmeckte gut – irgendwie wie Gurke – und es sind bis jetzt keine Beschwerden aufgetaucht.

Züge, Züge, Züge

Später sind wir dann noch nach Creston gefahren haben Auto und Mensch “aufgetankt” und sind weiter entlang dem Moyie River Richtung Etappenziel Cranbrook gefahren. Unterbrochen wurde die Reise nur durch einen ausgiebigen Fotostopp. Eine Güterwagen-Komposition mit Lokomotiven der Union Pacific Railways (USA) war das Objekt der Begierde (Es ging nur kurz – ich habe während der Wartezeit einen Winterpulli mit Rollkragen gestrickt …).

Ja, und dann kommt es vor, dass man sich auf einer wunderschönen Reise befindet, begleitet von einem Menschen, der einem sehr viel bedeutet. Man ist dankbar darüber, dass bis jetzt auf der Reise alles gut verlaufen ist und als Tüpfelchen auf dem i am Abend noch ein Restaurant für das gemeinsame Abendessen aussucht, das einzigartig ist und einem (im positiven Sinn) unvergesslich bleiben wird. “Heidi’s” Restaurant & Catering. Ein richtiger Geheimtipp, den wir allen ans Herz legen, die sich einmal in Cranbrook aufhalten werden. Die Inhaber des Lokals, Heidi und Gottfried, sind kanadische Secondos. Ihre Mütter stammen aus Österreich und die Väter aus Deutschland und beide haben sie die Hotelfachschule am Semmering besucht. Nach Jahren, die sie durch die ganze Welt geführt haben, sind sie wieder nach Cranbrooks, wo Heidi aufgewachsen ist, zurückgekehrt. Ich will mich ja nicht über das kanadische Essen beklagen. Trotzdem muss ich ehrlich zugeben, dass ich das Rindsgeschnetzelte, pikant gewürzt, an einer Pilzsauce mit gedünsteten Zwiebeln und Spätzli sehr, sehr, sehr genossen habe. Auch Martin hat sich ein Fleisch mit Spätzli ausgewählt. Wir haben geschlemmt und die lukullischen Köstlichkeiten vom ersten bis zum letzten Bissen (Apetizer, Starter, Main Menu und Dessert) genossen. Dazu noch kanadischer Cabernet Sauvignon und das Glück ist perfekt. Herz was willst du mehr?

Mit dem Wein kam auch die nötige Bettschwere, darum: Guet Nacht.