Heute Morgen früh legen wir als viertes Kreuzfahrtschiff in Ketchikan an. Ketchikan ist die südlichste und mit rund 8’000 Einwohnern fünftgrösste Stadt Alaskas. Die kleine Stadt liegt in der regenreichsten Region der Inside Passage. Die Frage taucht auf, wie nachhaltig der Tourismus in dieser Gegend ist, wenn es an einem Tag ungefähr gleich viele Touristen an Land spühlt wie die Stadt Einwohnende hat? Kaum haben wir das Boot verlassen, werden wir von allen Seiten angesprochen, Touren und Ausflüge zu machen. Jedes Angebot ist natürlich best price, the best and most spectacular. Es kommt mir fast vor wie auf einem Bazar. Wir wollen den Ort auf eigene Faust kennen lernen und begeben uns daher zuerst zum Visitors Center. Mitten im Gespräch mit einem Mitarbeitenden des Visitor Centers bricht grosser Jubel aus. Was ist geschehen? „Es regnet“, erklärt der Mitarbeiter. Sie hätten in Ketchikan seit längerer Zeit keinen Regen mehr gehabt und da die Grundstückbesitzer in erhöhter Lage das Wasser jeweils in ihre eigenen Tanks kanalisieren, sei in der Stadt das Wasser langsam knapp geworden. Wie war das mit regenreichster Region?
Im Regen machen wir uns auf zu unserem Stadtrundgang. Auf einem Platz stossen wir auf einen Stand einer Wildlife Care Organization. Sie kümmern sich um Wildtiere, die verletzt aufgefunden werden und päppeln sie je nach Situation wieder auf. In den meisten Fällen handelt es sich um Vögel (Adler, Uhus). So können wir uns einen Weisskopfadler und zwei Eulen aus nächster Nähe ansehen. Der Adler ist in eine Falle geraten und hat sich am linken Flügel so schwer verletzt, dass er nicht mehr fliegen kann. Die beiden Eulen sind mit Autos zusammen gestossen und im Moment auch nicht flugfähig. Je nach Genesungsverlauf werden die Tiere dann wieder in die freie Wildbahn ausgesetzt. Interessant waren auch verschiedene Aufnahmen von Tieren, die gefunden worden sind. Eine Aufnahme zeigte z.B. die überreste eines Möwenflügels. Ein Adler hat diesen geschluckt. Das sperrige Ding kam aber im Hals des Adlers nicht so zu liegen wie es sollte. Der Adler wurde halb verhungert in einer Wiese gefunden.
Weiter führte uns unser Rundgang in die pittoreske Creek Street an der Waterfront „in Downtown“. Bis in die 1950er-Jahre war dies ein bekannter Rotlicht-Bezirk. Die meisten der auf Pfeilern gebauten Häuser am Ketchikan Creek wurden restauriert und beherbergen Shops und Restaurants. Im Ketchikan Creek konnten wir gut die Lachse auf ihrem Weg zu ihren Laichplätzen beobachten. In grosser Zahl schwammen sie stromaufwärts, mühsam die einzelnen Flussschnellen bezwingend. Eindrücklich. Erwähnenswert sind auch die schönen Totempfähle der Tlingit-Indianer. In den 1930-er Jahren wurden diese aus verlassenen Indianersiedlungen nach Ketchikan gebracht, dort erforscht, interpretiert und oftmals renoviert. Und somit hatten wir denn eigentlich schon alles Sehenswerte in Ketchikan gesehen.
Ausser: die grosse Alaska Lumberjack-Show (Powered by STIHL). Die holzverarbeitende Industrie ist in dieser Region von Alaska sehr verbreitet. So liegt es denn auf der Hand, dass die Wettbewerbe zwischen den einzelnen Holzfäller-Teams von grösster Bedeutung sind. Auch bei uns gibt es ja manchmal auf Eurosport Sendungen aus der Lumberjack Sportstour zu sehen. Die Show war sehr funny. Ihr lag das Drehbuch eines Wettkampfs zwischen zwei amerikanischen und zwei kanadischen Holzfällern zugrunde. Die beiden Teams wetteiferten in Disziplinen wie am schnellsten einen Baumstrunk spalten, Axtzielwurf, am schnellsten zu Zweit einen Baumstamm mit einer langen Zackensäge zerschneiden, am schnellsten einen Baumstamm heraufklettern und dann wieder hinunter gleiten, einen Wasserpool auf schwimmenden Baumstämmen überqueren etc. Es war ein perfektes Gaudi à l’américaine mit viel Geklatsche, Gejohle und Anfeuerungs- bzw. Buh-Rufen.
Dann ging es zurück aufs Schiff etwas essen und es ein wenig gemütlich nehmen. Aktuell könnten wir zu dieser Zeit auf dem Schiff: den Line Dance Kurs besuchen, einen Afternoon Tee zu uns nehmen, einem Vortrag zum Thema Fire & Ice zur Entstehung von Alaska beiwohnen oder einer Champagner-Degustation unter dem Titel „Sabering At Sea“ (!?) teilnehmen. Wir lassen’s bleiben. Auch haben wir immer noch keine Teeth Whitening Consultation gehabt und vom Angebot „Spend less, look ageless“ – eine Botox-Behandlung, nach der man rund zehn Jahre jünger aussehen soll, werden wir keinen Gebrauch machen. Aber all das könnte man hier unternehmen.
Jetzt steht uns das Nachtessen bevor mit anschliessender grosser Show „iBrodway“. Und dann gibt’s vielleicht noch einen Schlummertrunk in der Bar. Wie gestern. Da haben wir also mit einem Martini auf den YB-Erfolg angestossen. Martini oder YB-Sieg haben uns so bewegt, dass wir sogar noch in der Disco auf Deck 11 (war nach einem Martini auch nicht mehr so einfach aufzufinden) gemeinsam – ja Martin hat wirklich mit mir getanzt und ist nicht nur an der Bar gestanden und hat mit der Zehe gewackelt wie sonst im Bierhübeli – das Tanzbein geschwungen.
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Wo bleibt das Video vom Tanz? 🙂 HOPP YB!
Da findest du auf Youtube sicher was passendes. Einfach als Stichworte YB, Eleganz und Alaska eingeben…