Big Island ist eine Vulkaninsel. Dass die Vulkane noch aktiv sind, davon zeugen regelmässige Erdbeben, Austritte von Gasen, oder eben der stete Fluss von Lava ins Meer. An der Ostküste von Big Island kann man die Lava live sehen: Mit dem Helikopter aus der Luft, zu Fuss aus der Nähe, oder – die von uns gewählte Variante – mit dem Schiff beim Eintauchen ins Wasser. Dies war unser heutiges Tagesprogramm, aber begonnen hat der Tag viel früher:
Irgendwann gegen 4:30 Uhr hat der Vollmond direkt übers Meer in voller Kraft in unser Zimmer geschienen. Bettina hat mir gesagt, dass sie heute früh in diesem speziellen Scheinwerferlicht stand. Ich merkte von all dem nichts, mir war der Schlaf scheinbar wichtiger, so dass ich dieses spezielle Event schlicht nicht mitbekommen habe. Mitbekommen habe ich hingegen um gegen 6:00 Uhr das Gezwitscher der Vögel. Einfach Wahnsinn, was hier am Morgen so abgeht. Da erzählt jeder Vogel dem Anderen wohl, dass er sich die ganze Nacht gut auf dem Stängeli halten konnte und was er geträumt hat. Und als Mensch so zu erwachen ist schlicht ein tolles Erlebnis.
Und wenn wir doch schon früh wach sind, dann wollen wir doch von den ein bisschen tieferen Temperaturen profitieren und eine Joggingrunde drehen. Natürlich geht nichts über unseren Bremgartenwald, aber hier, bei fast immer schönem Wetter und angenehmen Temperaturen die Runden zu drehen, hat auch was an sich. Auch wenn die Laufstrecke der Strasse entlang führt bzw. auf der Strasse auf dem Pannenstreifen stattfindet… Und über die Lavafelder zu hoppeln ist keine Alternative. Und prompt sind wir beim Joggen noch in den „Radar“ gekommen. 6 Meilen schnell waren wir also, erlaubt wären 25 gewesen… Meilen in km umrechnen: Zahl mal Konvex der Erdkrümmung geteilt durch aktuelle Temperatur in Kelvin geteilt durch die GPS-Geo-Koordinaten (wir waren 23 km/h schnell, wenn ich richtig gerechnet habe…)
Anschliessend assen wir auf dem Balkon ein Frühstück. Wir hatten noch Früchte und Joghurt, die wir vor der Kulisse des Meeres assen, bevor es an die andere Küste der Insel ging, in Richtung Hilo. Alles in Allem stand uns eine Reise von 150 km bevor. Dies zeigt wieder einmal, dass die Insel gar nicht so klein ist. Und da zwischen Kona und Hilo noch einige Berge/Vulkane sind, heisst dies auch, dass man hier auch noch ein wenig Zeit zurechnen muss. Der direkte Weg zwischen den beiden Orten führt über den Saddle, was auch als Passstrasse bezeichnet werden kann. 4/5 dieser Strasse sind sehr gut ausgebaut, teilweise mit Überholspur versehen und mit 55 Meilen/Std fahrbar. Man kommt also recht gut voran. Auf der Passhöhe zwang uns allerdings dichter Nebel, den Speed zu drosseln, damit wir nicht vom Weg abkommen. Hilo konnten wir mehr oder weniger umfahren und fuhren via Highways 130/132 in Richtung Meer, wo wir uns für die Lavaboottour eintreffen sollten. Der Treffpunkt war im Bestätigungsmail des Anbieters Seelava sehr umfangreich beschrieben und wir fühlten uns fast wie in einem Agentenfilm, um zum Treffpunkt zu gelangen:
In Hilo links auf den HWY 130 East in Richtung Poha fahren, etwa 12 Meilen. Dann links abbiegen auf den HWY 132 in Richtung Lava Tree State Park, etwa 2.7 Meilen. Die Strasse teilt sich gleich nach dem Lava Tree State Park. Dort rechts bleiben. Die Strasse führt durch einen Mangrovenwald in Richtung der Bootrampe, rund 5 Meilen. Bitte warten sie geduldig beim gelben Toilettenhäuschen, wir kommen dann zu Ihnen. Stellen Sie sicher, dass Sie Ihren Wagen rechts vom Behindertenparkplatz abstellen, da wir links davon das Boot aufstellen. Warten Sie bei der Lampe Nummer 4 im Gras, dort werden wir sie einchecken. Wenn sie kein Boot vorfinden, haben Sie Geduld, wir werden so schnell wie möglich eintreffen, da das Boot noch auf dem Wasser ist.
Den vereinbarten Ort fanden wir recht zielsicher. Irritiert hat uns lediglich, dass dieser Ort fernab von jedem Wasser war. Wenn wir schon einen Schiffsausflug gebucht hatten, gingen wir davon aus, dass das Schiff im Wasser ist und somit der Treffpunkt beim Wasser ist. Ein paar Minuten kam jedoch dieses Gefährt auf den Parkplatz:
Das Check-in war eine Prozedur, wie wir sie noch nie erlebt hatten: Wir hatten einen Rechtsausschluss zu untrzeichnen, welcher etwa 15 Punkte umfasste, Punkt 1 war unter Anderem der Hinweis „The Ocean is a moving surface“ – aha, danke für diesen wertvollen Input 🙂 . Man darf nicht aufstehen, muss sich festhalten, darf nicht schwanger sein und kürzlich keine Operation hinter sich gebracht haben. Wenn also auf dieser Reise was passiert wäre, dann hätte wohl keine Versicherung der Welt was bezahlt… Dann erwähnte der Kapitän diese Punkte noch einmal in kurz zusammengefasster Form. Dies sei der unglaublichste Ozean aller Ozeane und die Wellen gehen konstant und das Schiff geht hoch und runter wie auf einer Achterbahn und so was haben wir noch nie erlebt und, und und. Zudem meinte er, dass die ruhigsten Plätze hinten sind, die spannendsten Rollercoaster-Plätze jedoch vorne… Wir stiegen über die Leiter an Land ins Boot ein (bis wir hochsteigen konnten war nur noch die zweitvorderste Reihe frei…) und als alle abgesessen waren, ist dieser Konvoi losgefahren. Wir sind also an Land bereits Schiff gefahren… Die Fahrt ging – eigentlich logisch – in Richtung Meer. Bei der Bootsrampe wendete der Fahrer den Konvoi und fuhr rückwärts ins Wasser. Als das Schiff genug Wasser unter dem Kiel hatte, fuhr dieses rückwärts vom Anhänger weg, wendete und brauste Richtung Meer los.
Der Kapitän kannte kein Pardon und bretterte los, was die 450 PS der Honda 4 Stroke BF225 Aussenborder der Lavakai hingaben. Und wenn ich schreibe, er bretterte los, dann war es das: einfach volle Pulle geradeaus – egal wie die Wellen auf einem zukamen – einfach drauflos. Und das mit dem Rollercoaster war schöngeredet. Ich würde sagen, es war Europapark Rust hoch 10! Das Schiff ging hoch, knallte runter, ging hoch, blieb hoch (kurz durchschnaufen), und knallte dann wieder aufs Wasser. 55 km/h zeigte mein GPS während der Fahrt an – die Autos an Land konnten uns nicht abhängen… Aber Seekrank wurden wir nicht 😉
Nach einer halben Stunde Fahrt kamen wir an die Stelle, wo die Lava ins Meer fliesst. Mit Worten kann man dies nicht beschreiben. Das Schiff konnte bis ca 5 Meter ans Ufer fahren und man spürte die Wärme der Lava. Wirklich eindrücklich, wie die heisse Materie ständig ins Wasser tropfte und wie das Wasser die Lava umspülte und sich selber mit einer Dampfwolke von dieser Erde verabschiedete.
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Diesem Spektakel konnten wir ein bisschen mehr als eine halbe Stunde zuschauen. Der Kapitän musste immer wieder aufpassen, dass die Wellen das Schiff nicht ans Ufer bzw. in die Lava drückte, es gab keinen Moment, wo das Schiff einfach ruhig im Wasser lag und man das Spektakel „in Ruhe“ geniessen konnte. Und dann fuhren wir wieder zurück – mit dem genau gleichen Speed über die genau gleichen Wellen. Auf der Rückreise sah ich sogar fliegende Fische. Ich dachte zuerst, das dies die Früchte vom Frühstück sind, nun zu gären beginnen und Halluzinationen auslösen. Aber der Kapitän bestätigte mir, dass es fliegende Fische gibt und sich so ein Fisch auch schon mal aufs Boot verirrt hat… Irgendwann sind wir dann beim Zielort angekommen und der Pick-up mit Anhänger im Wasser hat schon auf uns gewartet. Der Kapitän brachte es tatsächlich fertig, das Schiff einfach so mir nichts dir nichts auf den Anhänger zu zirkeln und als das Schiff einigermassen drauf war, fuhr der Pick-up los und brachte uns wieder über Land zum Ausgangspunkt.
Wow!
(Und zwar zwei Wows: eines für das Lavaspektakel und eines für die Schiffahrt… 🙂 )
Nach dieser Fahrt machte sich bei uns trotz Allem Hunger bemerkbar und wir fuhren nach Pahoa ins Kaleo's. Wir assen was kleines und machten und wieder auf dir Rückfahrt via Hilo – Saddle nach Waikoloa.

