Das Geschäftliche und das Privat miteinander verbinden – das geht. Und zwar so: im Rahmen der EXPO 2015 führt die SBB mehrere Extrazüge täglich nach „Rho Fiera Milano Expo 2015“, wie der Messebahnhof offiziell heisst. Mein Arbeitskollege und ich hatten den Auftrag zu überprüfen, ob die im Vorfeld definierte Qualität stimmt und wie sich das Ganze so für unsere Kunden präsentiert. So begaben wir uns frühmorgens in dieses Milano. Pünktlich um kurz vor halb zehn waren wir dort und beobachteten die Ankunft der Züge und der Abmarsch der Reisenden. Soweit alles im grünen Bereich. Um halb zwölf kam der letzte Extrazug aus der Schweiz und nun hatten wir bis kurz vor sechs Uhr abends Zeit für uns – welche wir für einen Besuch an der Expo nutzten. Wir wollten sehen, was uns die EXPO zum Thema „Welternährung“ beibringen will.
Da wir uns zu spät entschieden haben, die Expo zu besuchen, hatten wir in der Schweiz auch kein Billett gekauft und erledigten dies vor Ort.
- EXPO-Tickets sollten schon im Voraus in der Schweiz gekauft werden. In der Schweiz kostet das Ticket CHF 36, in Italien am Schalter kostet der Eintritt € 39.
Der Eingang der Expo ist etwa 200 m vom Bahnhof entfernt, also absolut locker zu schaffen. Die Eingangskontrollen sind wir am Flughafen sehr streng. Und der Besucher muss anschliessend die Plasticboxen, mit denen die zu kontrollierende Gegenstände kontrolliert werden, wieder schön fein säuberlich wegräumen. Sonst kriegt man Ärger mit der Security. Mein „ma sono qui per divertimento, no per lavorare“ wurde mit einem „maaaaaa, è così per tutti“ abgetan.
- Wer ein Sackmesser mit einer Klingenlänge von mehr als 5 cm mit sich führt, kann dieses nicht mitnehmen sondern muss es beim Eingang deponieren. Der Bezug desselben ist ganz einfach: Man geht durch eine spezielle Türe, gibt dort den am Morgen beim Eingang erhaltenen Tag ab und kann aus einer ganzen Schachtel Messer das schönste auswählen. Es ist also nicht garantiert, dass man das eigene Messer wieder zurückkriegt.
Und dann war er da: Der Moment, wo ich mein teures 39-€-Ticket in den Scanner stecken konnte und die Anzeige auf dem Display erschien „Biglietto non valido – ticket not valid“. Für mich sah das Verkaufsbüro sehr offiziell aus, ich war sicher, keinem Betrüger auf den Leim gekrochen zu sein. Oder vielleicht doch? Grosse Hektik brach beim Security-Personal aus. Aufgrund des Ausgabedatums des Tickets wäre es offensichtlich gewesen, dass das Ticket gültig sein muss – but the computer says „no“! Ein Supervisor, und dann noch sein Chef werden geholt. Das Ticket wird an einem anderen Computer „entwertet“. „We äve tigget änd computer problems“ – Va bene, und wir durften rein.
In der Expo fielen uns die verschiedenen gesponsorten Pavillons auf. Chicco sponsert die Wickeltische, irgendeine Fitnessbude will sonswie die Welt besser machen… etc. Wir gingen nun die verschiedenen Pavillons anschauen. Man muss sich vorstellen, dass die ganze Expo aus einem etwa 2 km langen breiten gedeckten Weg besteht und dort dann die verschiedenen Pavillons stehen. Und dann stiessen wir auf den ersten Pavillon – einen asiatischen Tempel. Wie in den Medien angekündigt, war dieser nicht fertig gebaut und quasi noch eine Baustelle. Als wir sahen, dass es sich bei diesem Pavillon um Nepal handelte, hatten wir mit der Situation grosses Verständnis. Wegen der Erdbebenkatastrophe vom 25.4. haben die Nepalesen nun sicher andere Prioritäten als irgendwelche Pavillons, weit weg von zu Hause, fertig zu stellen. In der Folge schreibe ich die verschiedenen besuchten Pavillons auf und beschreibe sie.
- Nepal: Dieser Pavillon besteht aus einem asitatischen Tempel bzw. einer Pagode. Da das Ganze noch nicht fertig war, konnte man nicht sehen, was den Besuchern vermittelt werden soll. Ein Nepalese hat an einem Tisch gesessen und gegen einen Obulus mit einem Pinsel europäische Vornamen auf nepalesich übersetzt und in den entsprechenden Schriftzeichen auf ein Blatt gemalt.
- Belgien: Auch hier war noch nicht alles fertig gebaut. Dummerweise das Wichtigste – der Bierstand neben dem Pavillon. Der Pavillon selber war hübsch und hatte mit Schokoladenanfertigung (gesponsert von den verschiedenen belgischen Schoggihäusern wie Leonidas) und Pflanzenkulturen (namentlich Gewürze) die beiden Schwerpunkte. Auch im innern des Pavillons konnte man Bier kaufen – was wir taten – und dazu nahmen wir noch ein Käseplättli mit auf die Terrasse. Wir waren schon lange unterwegs und eine kleine Aufmunterung ladet die Batterien…
- England: Kein Pavillon. Aber eine geschickt gemachte Anlage, welche den Besuchern die Bienen bzw. deren Tätigkeiten aufzeigen soll. Der Besucher befindet sich ein einem Bienenstock, dies wird akustisch mit einem steten Brummen nachhaltig aufgezeigt. In der Nacht wird der Bienenstock durch Lampen zusätzlich beleuchtet, was sicher auch hübsch ist.
- Spanien: zeigt uns in ihrem Pavillon den Beitrag der Iberer zur Welternähung. Also primär im Vordergrund stehen leckere und wohl auch teure Dinge, wie der bekannte Schinken Jamon iberico, welcher von schwarzen Schweinen stammt. Auch hier kehrten wir ausserhalb des Pavillons ein und fühlten uns rasch wie an einem Strand in Spanien. Wir genossen ein Glas Weisswein und ein kleines Versucherli von diesem sauteuren Jamon iberico (100 g = € 40!). Das kleine Schinkenplättli kostete € 22, war lecker aber der Service war an Tag 5 der Expo noch nicht auf der Höhe seiner Aufgaben.
- Iran: Ich war noch nie im Iran und wollte mir den Besuch dieses Pavillons nicht nehmen lassen. Hier wurden iranische Spezialitäten wie Gewürze, Nüsse und Fische präsentiert. Auch hier konnte man sich in einem Restaurant edel verpflegen lassen. Highlight: Der Coca-Cola-Kühlschrank im Iran-Pavillon.
- Turkmenistan: Heisst der gütige Vater von Turkmenistan nicht Turkmenbaschi? Ist er derjenige der dafür sorgt, dass es den Turkmenen immer gut geht (und dass sie sich nicht mit so unmöglichen Themen wie korrekte Wahlen und Demokratie auseinandersetzen müssen)? In diesem Pavillon geht es nicht um die Welternährung sondern darum zu zeigen, welch tolles Land Turkmenistan ist. Von der Terrasse in der 2. Etage aus hat man eine tolle Aussicht auf die Expo.
- Oman: Ich war drin in diesem Pavillon. Aber ich weiss nicht mehr, was hier der Schwerpunkt war. Ah, jetzt kommt es mir wieder in den Sinn: Das Leben der omanischen Familie wurde gezeigt.
- USA: Ein sehr grosser Pavillon mit einer wunderbaren Terrasse. Oben auf der Terrasse hat es eine tolle Bar, die haben sogar Hawaiianisches Bier. Auch Espresso à € 1. Gute Aussicht von der Terrasse.
- Deutschland: Dieser Pavillon ist nicht direkt an der EXPO-Strasse gelegen sondern ein Wenig nach hinten versetzt. Vorgestellt werden die Bundesländer mit ihren Gourmet-Spezialitäten (z.B. Dresdner Weihnachtsstollen). Hat auch eine kleine Terrasse mit Ruhemöglichkeiten.
- Ausstellungsturm: Beim Wahrzeichen der Ausstellung, welches man auf allen Werbeplakaten sieht, gibt es stündlich ein Konzert mit Wasserspiel.
- Schweiz: „Solidarität mit denen, die nach uns kommen“. Im Pavillon der Schweiz kann man gratis Ãpfel (Apfelringe), Wasser, Kaffee und Salz mitnehmen. ABER: hier wird nicht aufgefüllt. Die Besucher sind also dafür verantwortlich, dass nicht schon Ende September keine Waren mehr mitgenommen werden können. Bin gespannt, wie sich das anlässt. Gute Idee, welche vom Publikum auch angenommen wird. Man muss ein Billett beziehen, wir hatten den nächsten Slot nach einer halben Stunde. Abgerundet wird der Pavillon durch eine Ausstellung der Gotthardkantone, welche mit einem Wasserspiel aufzeigen, dass die Alpen in der Mitte Europas sind und das Wasser des Gotthards vier Meere speist.
Das war genug an Kultur. Wir gingen noch zu den Italienern und assen eine Pizza. Frisch gemacht von einem unfreundlichen Pizzaiolo. Und dann merkten wir, dass der Tag lang war und wir eigentlich müde waren. Also ab zum Bahnhof und die Rückreise der Kunden beobachten. Einzelne Verbesserungsinputs haben wir aufgenommen und werden diese in den Folgetagen gemeinsam mit den verschiedenen Partnern bearbeiten.
Fazit:
- Ein Besuch der EXPO lohnt sich.
- Ein Tag genügt. Ein Tag genügt nicht. Jeweils abhängig davon, wie sehr man in die Details gehen will
- Verhungern kann man nicht. Aber ein paar Euros sollte man zusätzlich mitnehmen
- Die Anreise mit den Extrazügen ist zu empfehlen. Akutell hat es dort noch genügend freie Plätze, während dem die Regelzüge eher voll sind.
- Wer erst im September/Oktober gehen will, wird wohl wesentlich Besucher antreffen als wenn er bis zum Sommer die Ausstellung besucht.
Mit hat’s gefallen. Und ich hoffe, dass dank diesen ultimativen EXPO-Tipps auch weitere Reisen der Leser dieses Blogs erfolgreich ablaufen werden.