Im 2003 sind wir zum ersten Mal gemeinsam nach Schweden gereist. Damals – über Göteborg angereist – haben wir mit dem Schiff „Juno“ in einer viertägigen Fahrt den Göta-Kanal befahren und sind so nach Stockholm gereist. Bei der „Juno“ handelt es sich um das weltweit älteste aktive Passagierschiff (zugelassene Passagierzahl: 125 / Indienststellung 1874). Im Regelverkehr auf dem Göta-Kanal werden trotz der Zulassung auf 125 Passagiere nur die 29 vorhandenen Doppelkabinen mit maximal 58 Personen belegt.

Wir erinnern uns immer wieder gerne an diese schöne, entschleunigte Art des Reisens (max. 10 kn oder 19 km/h). Die Reise ist wirklich etwas Besonderes: Eine Fahrt durch die idyllische Landschaft Südschwedens, die besondere Atmosphäre der alten Dame „Juno“, nette Gespräche mit den anderen Gästen und – last but not least – das köstliche Essen an Bord (u.a. frisch vor Ort gefangene Flusskrebse). Darum zieht es uns heute nach 2003 und 2013 (Reise in Mittel- und Südschweden) ein drittes Mal ans „Blaue Band Schwedens“, wie der historische Göta-Kanal auch genannt wird. Aber schön der Reihe nach.

Aufstehen, frühstücken und reisefertig machen und schon sitzen wir in unserem Auto und nehmen Kurs auf Gränna. Das kleine Städtchen Gränna liegt am Südostufer des Vätternsees. Gränna ist der Geburtsort des Polarforschers Salomon August Andräe, der 1897 zusammen mit zwei Begleitern in einem Heissluftballon den Nordpol überqueren wollte. Wie tollkühn! Das Unterfangen scheiterte jedoch. Rund 33 Jahre später entdeckte die Besatzung eines norwegischen Schiffes auf Vitö das letzte Lager der Polarexpedition, die sterblichen Überreste der Besatzung und einen Teil der Ausrüstung. Alles, was von dem wagemutigen Unternehmen übrig geblieben ist, wird im Andräe Expeditionen Museum gezeigt, das wir aber nicht besuchen. Die Stadt gedenkt ihrem berühmten Bürger aber auch mit einem Holzballon samt Korb, der im Kreisel direkt nach der Abfahrt von der E50 steht.

Unser heutiges erstes Ziel ist die Knäckebrödsbageri Fiket, die noch Knäckebrot nach altem Rezept herstellt und wo man herrlich verschiedene Knäckebrot-Sorten naschen kann. Es scheint aber, dass die Bäckerei-Mitarbeitenden heute einen Geburtstags-Apéro, gefolgt von einem ausgedehnten Mittagessen, einer Betriebsversammlung und einer Mitarbeiter-Schulung haben. Denn während der gesamten Zeit, die wir dort verbringen (inkl. Mittagessen im Fiket-Café) tut sich in der Backstube nix. Aber vielleicht ist es ja einfach auch „Strafe“ für uns, weil wir uns gestern so herrlich über den Bericht zur Knäckebrot-Manufaktur des gluten-allergischen Sven Svensson („Switch Reloaded“-Parodie auf Inga Lindström-Filme) amüsiert haben. So sehen wir bis zum Schluss nicht, wie das Knäckebrot mit dem Riffelmuster effektiv hergestellt wird.

Dafür können wir bei Wetter’s Polkagriskokeri (Establ. 1966, Tradition & Hantverk) zuschauen, wie die bunt geringelten Zuckerstangen, die in verschiedenen Kochereien in Gränna hergestellt werden, entstehen. Erfinderin dieser Schleckerei war übrigens die mittellose Witwe Amalia Eriksson, die 1895 vom Magistrat der Stadt die Erlaubnis erhielt, Backwaren und Zuckerstangen herzustellen.

Wir essen eine Kleinigkeit im Fiket’s Café (Martin ein Krabbenbrot, ich einen warmen Toast) und beschliessen, etappiert zurück zu fahren und einen ersten Stopp am Göta-Kanal und zwar bei der Schleusentreppe von Berg einzulegen. In sieben Schleusenstufen (zwischen Roxensee und Berg) wird ein Höhenunterschied von 18.8 m überwunden. Da nur gerade ein Segelboot am „Schleusen“ ist, fahren wir weiter nach Borensberg, wo es für uns Kaffee und Kuchen gibt. In Borensberg steht das Göta Hotell, in dem wir vor fast drei Jahren übernachtet haben. Das rot-weiss gestrichene Holzhaus von 1908 ist ein wunderschönes Fotomotiv, das heute Nachmittag noch durch eine Entenmutti mit ihren drei Entenmodis ergänzt wird. Wir verweilen vor Ort und machen einen Spaziergang entlang des Kanals. Einen Teil der Strecke, die wir vor drei Jahren in einem morgendlichen Footing zurück gelegt haben.

Wir geniessen die Ruhe, haben Spass an der vielfältigen Pflanzenpracht und sind so mit uns beschäftigt, dass uns das in aller Ruhe herannahende Tages-Ausflugsboot „Ceres“ fast ein wenig überrascht. Rasch zur Schleuse zurück, um das „Schleusele“ live zu sehen. Wir fahren weiter nach Motala, wo wir noch kurz ein paar Einkäufe erledigen. Unter anderem kaufen wir zwei Familienpackungen WASA Knäckebrot „Sport“ ein, das wir hier jeweils zum Frühstück geniessen und das echt lecker, lecker ist. Im Hafen von Motala hat heute die „Diana“ aus der Göta-Kanal-Flotte angelegt.

Kurzer Fotostopp im Hafen, wo wir heute Abend auch Abendessen gehen. Das Essen im Restaurant Hamnkrogen ist gut, das Personal erfrischend herzlich. Bevor wir die Heimreise nach Asbro antreten, machen wir noch einen kurzen Spaziergang durch das Areal, in dem am Wochenende die Langdistanz-Triathlon WM stattfindet. Spannend. Habe mir noch nie ein Triathlon-Gelände mit Schwimmstart, Wechselzone Fahrrad, Wechselzone Laufen und Zieleinlauf so mitten drin anschauen können. Danach ab ins Auto und Rückfahrt nach Hause.

Ist das noch "Wetter"?Und da ich in diesem Tagebucheintrag nichts übers Wetter schreiben will, gibt’s einfach die Bilder zur besonderen Wetterlage – fast ein wenig Weltuntergangs-Stimmung – die wir kurz vor Askersund erlebt haben. Zu Hause angekommen: noch ein wenig lesen und iPadlen und dann ab ins Bett.

Zwei Anmerkungen:

1. Zu Knäckebrot:

Seit über 500 Jahren wird in Schweden Knäckebrot gebacken. Ursprünglich entstand es, weil normales Brot nicht lange haltbar war und in den langen Wintern, wenn die Wassermühlen an den zugefrorenen Seen, still standen, kein neues Brot gebacken werden konnte. Das dünne Knäcke war demgegenüber bis zu einem Jahr haltbar. Und es war sicher vor Mäusen, da es mit einem Loch auf Stangen hoch über dem Boden aufbewahrt wurde. Durch die kurze Backzeit des Teigs aus Roggen- und Weizenmehl, Salz, Wasser, Hefe oder Sauerteig bleiben die meisten Vitamine und Mineralien erhalten. Und wann immer die Schweden Hunger hatten, konnten sie sich ein Stück abbbrechen, auf schwedisch „knäcka“.

2. Zu Inga Lindström. Dies ist das Pseudonym von Christiane Sadlo, einer deutschen Drehbuchautorin.