Der Campingwart hat uns vorgewarnt: wir werden wegen der guten Luft gut und lange schlafen… Und so war es in Etwa. Schlimm war das natürlich nicht, denn wir hatten als ersten Fixpunkt erst Woodys Abfahrt 12:22 Uhr am Bahnhof in Vrhovie. Wir räumten unsere Siebensachen zusammen und waren pünktlich am Bahnhof. Hier wollten wir uns verabschieden, ohne Abschiedsschmerz. Woody sollte einfach in den Zug einsteigen, ich winke, er winkt und dann war ich alleine unterwegs. Aber es kam anders… Wegen Bauarbeiten an der Bahnstrecke fuhr kein Zug und Woody musste mit einem Bus vorlieb nehmen. Ach wie unwürdig für einen Eisenbahner, der sich seinen ersten Stern bei Kroatiens Eisenbahn abholen wollte… Wir mussten länger auf den Bus warten, und plötzlich kam er, war da, kurze Umarmung einsteigen und wegfahren… Tschüss Woody, merci für die Begleitung auf unserer Auffahrtsreise der anderen Art…
Mein heutiges Ziel war Bosnien-Herzegowina mit dem Una-Nationalpark. Ich wählte eine Strecke, welche rund 20% länger war als die vom Navi vorgeschlagene, aber ich hoffte, dass es auf dieser nicht so viele Lastwagen hat (in Kroatien ist Auffahrt kein Feiertag). Und diese Strecke hatte es in sich! Sie führte mich über eine sehr gut ausgebaute Gebirgsstrasse bis auf 1178 müM durch enge Schluchten, dunkle Wälder aber auch lauschige Ecken. Und meine Vermutung, dass es dort weniger Verkehr haben werde, wurde bestätigt.
Dann kam der Moment des Grenzübertritts. Zuerst die Ausreise aus Kroatien: Dieses Nebenzollamt wartete vermutlich auf Kunden und mich wollten sie geniessen. Ich dachte zuerst, das gäbe eine harmlose Sache: Ausweis entgegennehmen, Ausweis kontrollieren, Ausweis zurückgeben, gute Reise wünschen. Aber nein: Meine ID wurde 3x gescannt, dazu wurde ein bisschen mit dem Kollegen geschwatzt, man liess es gemütlich angehen. Und tatsächlich: ich wurde über 5‘ auf Stand by gelassen, bis die Punkte „Ausweis zurückgeben“ und „gute Reise wünschen“ auf der Checkliste abgehakt wurden. Nach einem Kilometer Fahrt durchs grenztechnische Niemandsland kam ich zu den Bosniern-Herzegowinern (schreibt man das so?). Dieser Grenzbeamte legte den Fokus weniger auf mich (meine ID wurde einmal gescannt), sondern vielmehr auf die Autopapiere. Fahrzeugausweis in Ordnung? Versicherungspapiere (genau, das grüne Papier bei welchem ich mich immer gefragt habe, was das soll) vollständig? Alles klar! Und nach einer Minute konnte ich mit einem „have a nice trip“ weiter fahren. Unmittelbar nach der Grenze war ein „Autofriedhof“ mit etwa 100 Autos auszumachen. Das sind dann wohl die Autos, bei denen die grüne Versicherungskarte nicht grün genug war… Ein paar hundert Meter hinter der Grenze wurde die Strasse spektakulär! Links die Felswand, rechts der Abgrund ins Tal der Una mit teilweisen tollen Ausblicken. Ich hielt ein paar mal an, um das Ganze zu geniessen.
Mein Tagesziel war das Dorf Kulen Vakuf. Hier hat es einen Campingplatz mit tollen Bewertungen und es soll ein guter Ausgangspunkt für Ausflüge in den Una-Nationalpark sein. Die Fahrt zu diesem Dorf führte plusminus der Una entlang und der Campingplatz Rafting Center Discover Bihac befindet sich eingangs Dorf. Ich war der erste Gast heute und der ältere Chef Senad begrüsse mich und offerierte mir grad mal zwei Glas Slivoviz.
Ich richtete mich kurz ein und ging ins Dorf, um ein paar Lebensmittel zu kaufen. Ich fand sogar ein geöffnetes Lebensmittelgeschäft und dort klärte ich als Erstes ab, wie man hier bezahlen kann: Mit Euro oder nur mit KM? Ich könne mit Euro Noten bezahlen, das Rückgeld erfolgt in Konvertibler Mark. Passt! Ich kaufte ein paar Dinge für die nächsten Tage ein und ging wieder zurück ins Camping. Gegen 18:30 ging ich wieder ins Dorf, wo ich in einem Restaurant was essen wollte. Aha, Bosnien-Herzegowina kennt kein Rauchverbot in den Restaurants. Und die Gäste sind fröhlich und singen lauthals bosnisch-herzegowinische Volkswaisen… Nun gut, mein Hunger war stärker als der Lärm in der Beiz und ich ass Salat, Cevapcici, Reis, trank dazu ein Glas Wasser und ein Glas exzellenten Château Bosniaque Barrique (höhö…) zum Preis von € 6.50.
Ich ging zum Camping zurück, als mir in den Sinn kam gelesen zu haben, dass es in Bosnien-Herzegowna viele Strassenköter hat, die die Leute belästigen. Und prompt kam ein Riesending von einem Hund beim Betreten des Campingplatzes entgegen… Will der nun sein Terrain verteidigen oder mich begrüssen? Er wedelt mit dem Schwanz, was heisst das? Meine Stresshormone hatten grad einen grossen Schub, zum Glück hatte ich meine Umhängetasche dabei, welche ich vor dem Hund ein bisschen baumeln liess. Er tat mir nix, hatte wohl Freude an mir… Und ich ja auch an ihm… Grrrr
Mein Camper steht direkt am Fluss Una. Ein schöner Sonnenuntergang begleitet mich in meinen ersten bosnisch-herzegowinischen Abend. Ich bin das einzige Auto auf dem Campingplatz… (Nachtrag: um 21:15 Uhr kam noch ein slowenischer Grosscamper).
Zum Grillenzirpen und Flussrauschen schlafe ich ein.
Merci für die wunderschönen Fotos und Eindrücke, take care!