Donnerstag, 31. Mai 2018: Überdosis Burg

Oravský hrad

Gestern habe ich geschrieben, dass ich im Minikemp Arrow untergebracht bin. Und ich fühle mich hier unheilmich wohl. Die Gastgeber sind top. Natürlich fährt die Bahnlinie grad an der Grundstückgrenze vorbei. Und der Fahrplan ist für hiesige Verhältnisse sehr dicht: 12 Züge ab Betriebsbeginn bis um 8:19 Uhr… Und der erste Zug fährt um 3:55 beim Bahnhof ab. Das alles schockt mich nicht, was mich jedoch ein Wenig auf Trab hielt war die Tatsache, dass mein Camper quasi 30 Meter von der Einfahrweiche entfernt war. Und die Schienenstösse (das ist dort, wo die eine Schiene und die nächste Schiene sich berühren) nicht wie in der Schweiz geschweisst sind, sondern dass zwischen diesen Schienen doch tatsächlich ein Zwischenraum von ca 15 mm bestand. Tä-täm… und das ab vier Uhr. Klar, ich bin einer der immer was zu meckern hat. Mal jublieren die Vögel wunderschön, mal könnte ich sie rupfen, mal renne ich den Zügen hinterher, dann stimmt der Schienenstoss wieder nicht… Ja, ich bin ein schwieriger Geselle. Aber jetzt, am Abend wo ich die Zeilen hier schreibe, merke ich, dass ich halt schon nicht sehr viel geschlafen habe diese Nacht…

Oravsky hrad
Oravsky hrad

Trotzdem genoss ich aber den Aufenthalt im Minikemp und sie werden von mir auf sämtlichen Portalen die höchste Bewertung erhalten, weil sie einfach eine coole Familie sind. Ich genoss den Aufenthalt so sehr, dass ich tatsächlich einfach noch liegen blieb und und erst um halb elf wegfuhr. Die Camp-Chefin hat mir gesagt, ich könne bleiben so lange ich will, aber ich muss dann das Ausfahrtstor wieder schliessen! Und das habe ich gemacht.

Ich habe mir ein tolles Programm mit Geschichte, Kultur und Technikt für den heutigen Tag bereitgelegt. Erste Etappe: Oravský Podzámok, mit der sehr gut erhaltenen Burg Oravský hrad. Die Burg Orava (slowakisch Oravský hrad, ungarisch Árva vára) ist eine sehr gut erhaltene Burganlage. 1800 brannte sie grösstenteils ab, aber von den Feinden wurde sie nie eingenommen, da sie auf einer steilen Felsklippe 112 Meter über der Wasserfläche des Orava-Flusses liegt Die Burg entstand schrittweise vom 13. bis zum 17. Jahrhundert, die Bauten wurden auf drei Terrassen des Felsens erbaut. Für den ersten berühmten Vampirfilm, „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“, wurden im Sommer 1921 Aussen- und Innenaufnahmen der Burg und deren Umgebung für die Darstellung der Burg des Vampirs Graf Orlok verwendet. Für den tschechoslowakisch-deutschen Film König Drosselbart von 1984 fanden ebenfalls Aufnahmen auf der Burg statt. Durch den überragenden Blick auf den Fluss und die umgebenden Berggruppen wird die Burg als eine der schönsten Burgen der Slowakei bezeichnet. 

Soviel, so klar.

Natürlich musste ich auf diese Burg. Sie war von unten so schön anzuschauen, dass ich trotz den 26 Grad, die kurz nach 11 schon auf dem Thermometer waren ein Eintrittsticket kaufen wollte. „Sie können nur eine Führung machen. Die grosse Tour dauert 2 Stunden, die kleine Tour 75 Minuten.“ Da ich weder beabsichtigte, Drachen zu töten und Jungfrauen zu retten sondern mit einfach einen Überblick verschaffen wollte, entschied ich mich für die kleine Tour. „Die nächste Tour beginnt in einer halben Stunde um 11:45. Sprechen Sie auch slowakisch?“ „Nein, mein Slowakisch habe ich länger nicht gebraucht und ist nun ein wenig eingerostet. Haben Sie eine Tour in english?“ „Nein, aber wir haben hier gratis Internet und so können Sie unsere Burg-App runterladen und mit den Kopfhöhrern bei den entsprechenden Stationen die Information hören.“ „Ah, super. Danke!“ Ich lud die App und die entsprechende Sprache runter und begab mich einen steilen Weg hoch zum Eingang. Die Gruppe war sehr gross, es hatte nüchterne Slowaken und betrunkene Slowaken. Mann, das kann was werden. Die junge Guide hingegen war eine Augenweide 🙂 

Aber auf dieser Führung habe ich nun eine neue mittelalterliche Foltermethode kennen gelernt: Burg-Führung. Die Guide wollte kein Detail bei den jeweiligen Stationen auslassen. Ich habe ja nix verstanden, aber wenn meine App die Station fertig kommentiert hatte, dann hatte die Guide erst Luft geholt. Ich litt. Die Temperatur wurde immer höher und die Erklärungen immer ausschweifender. Es. Ist eine schöne Burg, ohne zweifel. Sogar eine sehr schöne. Aber ich hätte nach einer Stunde alles gesehen. Längstens (habe eine schnelle Auffassungsgabe 😉 ). Nach zwei Stunden war ich gerädert wieder draussen. Eine sehr sehr schöne Burg. Aber ich werde glaube ich erst wieder kommen, wenn ich das Ganze ohne Guide machen kann. Die Kopfhörer musste ich ja so oder so tragen…

Vlkolínec

Mein Zeitplan war am Arsch durcheinander geraten. Aber fürs nächste UNESCO-Welterbe musste es noch reichen. 30 km entfernt befindet sich Vlkolínec. Vlkolínec ist ein Dorf mit 35 Einwohnern und gehört zur Stadt Ružomberok, die vier Kilometer entfernt liegt. Wegen seiner aussergewöhnlichen, unberührten Siedlung mit 40 originalen, bewohnten Holzhäusern ist es 1993 in die Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit aufgenommen worden. Der in unverfälschter Weise erhaltene Ort ist einer der wenigen in Europa, in dessen Umgebung noch Bären, Wölfe und andere Tiere frei leben. Das Dorf ist einzigartig in Mitteleuropa, die Häuser sind aus Holz und mit Mustern und Bildern bemalt. Es wurden keine Strassen erbaut, die Häuser waren ohne Strom und Wasserleitung. Viele der Bewohner sind schon über 80 Jahre alt.

Alles in Allem hübsch. Aber ein bisschen sehr Ballenberg.

Nun war 16:00 Uhr. Zeitplan, was machen wir? Den letzten Teil „Technik“ verschiebe ich auf übermorgen. Ich gehe jetzt grad direkt in die Hohe Tatra. Hier bin ich nun auf dem Campingplatz in Strba (keine Angst, es ist nicht so schön wie es auf den Bildern aussieht…). Morgen geht‘s, gutes Wetter vorbehalten, in die Berge. Ein Kollege von SBB Cargo International, welcher Slowakei-Kenntnisse hat, hat mir geraten, einen Tatranský Čaj – Tee zu trinken. Als Abschluss nach dem Nachtessen habe ich das gemacht. Der Kellner fragte mich, wie viele Prozente ich möchte. Es gibt den Tatra-Tee mit Werten von 17 (Milchlikör) über 35 (Stevia) und 52 (Original) bis zu 72 Prozent (Räubervariante). Ich habe 52% gewählt und schon das hat mir den Darm gestreckt… Aber es soll gesund sein!

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