Es war eine kalte Nacht. Am Morgen als ich aufstand, war gerade mal 11.5°. Ich gehe davon aus, dass es während der Nacht 9° waren. Der Himmel gestern Abend war sternenbedeckt. Das hat mich wieder dazu motiviert, Sternenfotos zu machen, habe es aber dann nicht so sehr übertrieben wie damals in der Hohen Tatra. Auch, weil es schon recht kalt war. Gestern Abend habe ich meinen inneren Wecker auf 7:00 Uhr gestellt. Und ich bin tatsächlich 7:00 erwacht! 

Der holländische Campingplatzbesitzer Bert hat mir empfohlen, frische Brötchen beim Bäcker in Dorf zu holen. Das machte ich dann auch und hatte zum Frühstück tatsächlich frische Brötchen! Mit Bert kam ich noch ein bisschen ins Gespräch, und er erzählte mir, dass dieser Bauernhof, wo jetzt der Campingplatz drum rum gebaut wurde, früher einem Sudetendeutschen gehört hatte. Die Deutschen mussten nach dem Krieg die Gegend verlassen, nachdem sie über Jahrhunderte hier gelebt hatten. Die Politik siedelte damals Tschechoslowaken an, die deutschstämmigen Bewohner mussten weg. Man hatte damals Angst, dass die nationalsozialistische Gesinnung der deutschstämmigen Bewohner weiter vorhanden sein könnte und dass dies die junge Nation Tschechoslowakei gefährden könnte. Während dieser Zeit muss es ziemlich übel zu und her gegangen sein. Auch Ungarn wurden nach Ungarn befördert oder zumindest in die Süd-Slowakei, welche an Ungarn grenzt. Auch wurden einzelne Dörfer anderen Ländern zugeordnet. Was gestern noch tschechoslowakisch war, war morgen polnisch und umgekehrt. Die angesiedelten Tschechoslowaken fürchteten dabei, dass die vertriebenen Deutschen wieder zurückkommen werden und haben sich eigentlich gar nicht fix eingerichtet. Und Bert hat einen solchen Hof übernommen und dann anfangs der 2000er-Jahre was daraus gemacht (die genauen Umstände hat er aber nicht erzählt). Ich habe die ganzen Geschichtsthemen ein wenig nachgelesen und war brüskiert wie das damals zu und her ging. Ich hatte von alldem ehrlich gesagt keine Ahnung. 

Adersbacher Felsenstadt

Gestern Abend habe ich noch mit Bettina telefoniert und wir haben abgemacht, dass sie mich ab Samstag wieder begleitet. Treffpunkt ist um 14:30 Uhr am Flughafen Hamburg. Im Gespräch mit Bert hat er mir gesagt: „Du muscht nur Berlin eincheben, dann rechnet dasch Navi die snellste Route über Polen.“ Das habe ich gemacht. Als erste Etappe fuhr ich nach Adersbach (Tschechien) und besichtigen dort die Adersbacher Felsenstadt. Die Felsformationen dort sind sehr speziell und hochinteressant und ich hatte grossen Spass, durch diese Felsen zu spazieren. Mit mir hatten diese Freude auch verschiedene Schulklassen und Seniorengruppen. Auf dem Bus-Parkplatz zählte ich mindestens 40 Busse. Der Abstecher nach Adersbach hat sich aber sehr gelohnt! 

Bürgermeister und Bürgermeisterin

Ich fuhr weiter Richtung Norden, war dann wieder in Polen, und fuhr stetig auf der vom Navi vorgegebenen Route. Irgendwann sah ich einen Wegweiser zu einem UNESCO Welterbe. Eine evangelische Kirche… Ich hab dir doch schon genug Kirchen gesehen auf dieser Reise. Aber da ich schon länger gefahren bin, tat mir eine Pause gut und ich besuchte die Friedenskirche in Jawor. Auch hier ist die Geschichte dieser Kirche wieder sehr interessant: nach dem 30-jährigen Krieg hat der Habsburger Herrscher der evangelischen Bevölkerung erlaubt, eine evangelische Kirche zu bauen. Allerdings musste eine Reihe von Bedingungen erfüllt werden: Steine und Ziegel waren als Baumaterial verboten, nur Holz, Lehm und Stroh durften verwendet werden. Die Kirche mit Türmen oder Glocken zu versehen war ebenfalls nicht gestattet. Als Standorte kamen nur unattraktive Plätze ausserhalb der Stadtmauern in Frage. Die Gebäude mussten innerhalb eines Jahres fertiggestellt werden. Die Baukosten hatte die Gemeinde zu tragen. Die Kirche in Jawor wurde in den Jahren 1654 und 1655 erbaut. Ihre Länge beträgt 43,5 m, die Breite 14 m, die Höhe 15,7 m, die Fläche ca. 1180 m². Die Kirche fasst ca. 5500 Personen. Am Anfang des 18. Jahrhunderts wurde der Glockenturm angebaut, nachdem der Kaiser als schlesischer Landesherr dies 1707 gestattete.  

Friedenskirche Jawor

Von aussen sah die Kirche wirklich aus wie ein großes Fachwerkhaus. Ich löste einen Eintritt und war von dieser Kirche komplett geflasht. Sowas habe ich noch nie gesehen! Man könnte meinen, es handelt sich um einen Konzertsaal. Nebst den Sitzplätzen im Erdgeschoss hatte es rund ums Kirchenschiff vier Emporen! Die Kirche war für mich zurecht ein UNESCO Welterbe! 

Friedenskirche von Jawor

Nach dieser Pause fuhr ich zum Campingplatz in Lipinki Łużyckie. Dabei handelt es sich beim Stary Folwark Pietrzyków um ein altes Pferdegestüt, mit Hotel, Restaurant und Campingplatz. Ich bin hier der einzige Gast und werde heute Abend im Restaurant einkehren. Die Wirtin hat mir auch offeriert dass ich frühstücken könne. So wird vermutlich morgen mein Wasserkocher kalt bleiben…