Freitag, 8. August 2008: Bastei und Schwedenlöcher

Oh happy day, der Himmel weint vor Freude. Nachdem gestern grand beau gewesen war, hat es in der Nacht zu regnen begonnen. Als wir aufstehen ist alles Wolken verhangen und es regnet immer noch. Von unseren Plänen machen wir uns an die Umsetzung von Plan B. Per Zug soll es nach Pirna gehen. Wir machen uns städtetauglich parat und begeben uns in den grossen Frühstückssaal (Schild beim Lift: Das Frühstück findet heute von 07.30 bis 10.30 Uhr im Saal Vital statt). Ein wahrer Traum was da alles aufgetischt ist. Da findet wirklich jeder und jede etwas nach seinem oder ihrem Gusto. Wir geniessen das Frühstück bei einem feinen Earl Grey Tea, der auch bestens zum Wetter passt. Doch halt! Plötzlich reisst der Himmel auf, die Sonne drückt durch und es wird sofort wieder recht warm. Flexibilität ist gefragt. Wir wechseln zu Plan A: Wanderung in der sächsischen Schweiz (Plan C wäre übrigens ein gemütlicher Hoteltag bei absolut widrigsten Wetterbedingungen, z.B. sich abzeichnendes Hochwasser…, gewesen). Im Hotelzimmer gibt’s einen ersten Tenuwechsel von stadttauglicher auf Wander-Bekleidung.

Mit dem Auto geht’s dann nach Rathen, dem Ausgangspunkt unserer Wanderung. Kurz vor Rathen stellen wir unser Auto auf einem öffentlichen Parkplatz ab. Mit diesem Parkplatz ausserhalb des Dorfes wird dafür gesorgt, dass Rathen an Gross-Wandertagen nicht im privaten Verkehr untergeht. Eine sehr gute Lösung, die sich bei unserer Tour sehr bewährt, da diese nur wenige Meter vom erwähnten Parkplatz entfernt enden wird. Nach fundierten Abklärungen von Martin haben wir uns für die Tour Nr. 3 aus dem Wanderbuch zur Sächsischen Schweiz entschieden. Diese führt von Rathen zur Bastei und durch die Schwedenlöcher zum Gamrig. Da werden Aussichten von hohen Senkrechtwänden über eine liebliche Landschaft und in zerrissene Felswirrnisse hinab sowie aus engen Schluchten zum Himmel hinauf durch abgelegene Waldwege miteinander verbunden. Bevor wir starten, kaufen wir im „Einkaufseck“ in Rathen einen Proviant bestehend aus Brötchen, Hühnerbrust, Pommbären, Twix und Apfelschorle ein. Nun kann’s losgehen. Wie bereits erwähnt, hat es in der Nacht heftig geregnet. Da die imposanten Felsformationen zum grossen Teil aus Sandstein sind, sind der Weg und die treppenmässig angelegten Anstiege stark versandet und durchnässt. Das stört aber zahlreiche Hobbywanderer nicht, den Weg in Sandalen und einfachsten Sommer-Freizeitschuhen in Angriff zu nehmen. Wir fühlen uns in unseren neuen Trekking-Schuhen sehr wohl und vor allem trittsicher. Schon bald gelangen wir zur ersten Aussichtsplattform, die einem einen gewaltigen Ausblick auf die Elbgegend gewährt (Stadt Wehlen).

Wir ziehen weiter und erklimmen eine Aussichtsebene nach der anderen bis wir schliesslich zur Felsenburg gelangen. Für 1.50 Euro kann man die Felsenburg auch besichtigen. Das lohnt sich alleweil, denn es ist fast nicht nachvollziehbar, wie auf dieser Höhe und in der schroffen Felslandschaft eine Festung in der Art der Felsenburg erbaut werden konnte. Bis hierher ist die Wanderung sehr schön, auch das Wetter bleibt stabil gut. Störend sind einzig die Mengen an Besuchern, die sich überall durchquetschen und um die scenic photo views kämpfen. Unmittelbar nach der Felsenburg durchquert man das Neurathener Felsentor und seht dann plötzlich auf der Basteibrücke. Sensationell! Die Brücke sieht man überall auf Fotos, Postkarten und Büchern und nun stehen wir selbst da oben. Von hier oben hat ein Sachse die ersten Fotoaufnahmen gemacht. Eine Felsinschrift erinnert an dieses Ereignis (Text: „xx hat mit Licht gemalt“).

Höhepunkt der everybody can do Wandermentalität ist eine frisch getrautes Ehepaar è Schnapszahl als Hochzeitstag: 08.08.08, das sich vor und auf der Basteibrücke fotografieren lässt. Was wir natürlich nicht wissen, ist dass nur wenige Meter weiter ein grosser Gaststätten- und Hotelkomplex folgt. Hier angelangt, bleiben die meisten Wanderer hier. So ist denn der weitere Verlauf unserer Wandertour viel ruhiger und einsamer.

Auf dem Gamsweg geht’s weiter. Bis zu einer Schutzhütte verläuft der Weg noch breit und angenehm. Danach folgt ein treppenmässiger Abstieg. Für uns nicht gross beschwerlich. Aber viele der uns entgegenkommenden Spaziergänger bekunden grosse Mühe mit dem Aufstieg. Die Schlucht, in der wir unterwegs sind, wird Schlucht der Schwedenlöcher genannt. Ursprünglich Blanker Grund genannt, wurde der neue Name gebräuchlich, nachdem sich die Menschen der Umgebung während des Dreissigjährigen Krieges vor den Schweden hierher geflüchtet und mit Hab und Gut verbarrikadiert hatten. Das Wetter scheint nun zu kippen. Es beginnt zu tropfen. Wir entscheiden uns deshalb, nach Möglichkeit durchzuwandern und erst am Schluss eine verzögerte Mittagsrast einzulegen. Weiter geht es via Amselgrund (dort entdecken wir einen kleinen, auf dem nassen, sandigen Weg gut getarnten Frosch), Höllgrund, Pionierweg (gingen dort die jungen DDR-Pioniere drüber?) zum Gamrigweg. Ein Pfad über Stufen zum 50 Meter höher gelegenen Gipfelbereich mit schöner Aussicht wollen wir zuerst nicht begehen. Dann entscheiden wir uns aber um. Der Aufstieg wird mit einer phänomenalen Aussicht belohnt. Und da sich die Regenwolken verzogen haben, beschliessen wir, hier unser Picknick einzunehmen. Lecker, lecker. Gestärkt nehmen wir den Abstieg und die letzten Meter der Tour unter die Füsse und kehren zu unserem Auto zurück. In Porschdorf geniessen wir ein kühles Bier und lassen die zahlreichen Eindrücke nachwirken. Dann geht’s zurück zum Hotel.

Wir entscheiden uns spontan, den Ausflug nach Pirna „nachzuholen“. Tenuwechsel, DB-Fahrausweise einpacken und weiter geht’s. Um 16.21 Uhr hätte es noch eine Verbindung mit der Sächsisch-Böhmischen Semmeringbahn. Das wird knapp. Aber sonst hätte es um 16.39 Uhr auch noch eine gewöhnliche Verbindung nach Pirna. An der Schiffsfähre-Station vor unserem Hotel legt eine Fähre an, die aber aus unserer Sicht in die falsche Richtung fährt. Unüberlegt laufen wir auf unserer Seite in Richtung Bahnhof Bad Schandau. Ja, wir laufen, denn wir hoffen immer noch, den 16.21er Zug zu erwischen. Als wir auf Höhe Bahnhof, aber eben am anderen Elbufer ankommen sind, stellen wir fest, dass es hier keine Fähre mehr hat. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als noch weiter zu gehen und dann die grosse Elb-Autobrücke zu überqueren. Wir bringen die Strecke wie gepickt hinter uns. Zum Schluss rennen wir sogar, was mir in meinen Sommerschlarpen sehr gut gelingt. Je mehr wir uns dem Bahnhof näheren, desto weniger Sekunden bleiben bis 16.21 Uhr. Durch den Zaun sieht man schon eine S-Bahn, die Martin als „unser“ Zug erkennt. Wir rennen so schnell es geht und tatsächlich: Wir erwischen den Zug noch. Kaputt und ein wenig ausser Atem und doch happy, dass wir es tatsächlich geschafft haben. Die Fahrt ist schön, führt durch viele Tunnels, verwilderte Landschaften und an alten ausgedienten Bahnhöfen vorbei, die einen teilweise sehr schitteren Eindruck hinterlassen.

Kurz vor sechs treffen wir in Pirna ein. Eine kurze Stadtbesichtigung zeigt uns, dass es sich bei Pirna nicht um ein Must handelt. Marktplatz, Rathaus, Stadthaus und ein Heimatmuseum, in Pirna das DDR-Museum, sind die Standard-Sehenswürdigkeiten aller mit Pirna vergleichbaren kleinen Städte. Wir erstehen uns bei Subway Pirna zwei Sandwiches (welches Brot, welche Länge, noch zusätzlich aufgetoastet, welcher Inhalt, welche Sauce, zum hier essen oder zum mitnehmen ,,,????) und begeben uns dann zum Bahnhof, um mit dem nächsten Zug nach Bad Schandau zu fahren. Und siehe da, kaum dem Zug in Bad Schandau entstiegen, folgen wir der Menschentraube, die sich ans Elbeufer begibt und da ist doch tatsächlich das Schild einer Fähre. Wenige Minuten später trifft diese ein und bringt uns im abendlichen Sonnenlicht zu unserem Hotel zurück. Im Restaurant Memory in Bad Schandau gönnen wir uns einen Eisbecher bevor wir müde aber glücklich über diesen schönen, erlebnis- und eindrucksreichen Tag, zum Hotel zurückkehren.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert