Als ich selber noch Fussball gespielt hatte, musste ich an Sonntagen jeweils auch den Wecker stellen, um rechtzeitig zum Spiel zu erscheinen. Aber als Zuschauer hatte ich meine Premiere: nie, aber auch gar nie musste ich den Wecker stellen, um ein Fussballspiel schauen zu gehen! Kick-off in Norwich ist um 12:00 Uhr! Will man da möglichst viele Spiele in den TV-Nachmittag bringen? Wird wohl das sein…

Nach dem Mittagessen Frühstück ging’s los nach Norwich, wo wir um kurz vor 11:00 Uhr ankamen. Wir freuten uns, den ex-YBler Christian Fassnacht bei Norwich City spielen zu sehen.

Die Zufahrt zum Stadion war harzig, offenbar war die ganze Stadt mit dem Auto unterwegs und blockierte sich selber. Die Parkplätze ums Stadion waren entweder nicht vorhanden, oder für VIP’s reserviert. So stellten wir unser Auto, wie andere auch, auf den Parkplatz des Shopping Centers (welches am Sonntag geöffnet ist).

Zuerst suchten wir den Zugang zu unserem Sektor, welchen wir rasch fanden. So hatten wir einen Orientierungspunkt. Bevor wir aber unsere Plätze einnahmen, machten wir noch eine Runde ums Stadion – die Beine wollten vertreten sein. Rund eine Stunde vor Kick-off ist die Mannschaftsaufstellung eingetroffen – und leider begann „unser“ Fassi auf der Bank… Der Trainer von Norwich City ist David Wagner, der vor ein paar Jahren auch YB trainiert hatte, aber dann den Hut nehmen musste. Der Gegner war übrigens die Blackburn Rovers. Beide Teams waren ins letzte Tabellendrittel gerutscht und waren auf Punkte angewiesen. Blackburn war auf dem 15. Platz, Norwich auf dem 17. Also musste ein Heimsieg her!

Carrow Road, home of Norwich City

Wir gingen zu unseren Plätzen und durften feststellen, dass sie gar nicht so schlecht waren, wie beim Kauf vermutet. 26£ sind ein sehr fairer Preis, auch im Vergleich zur Schweiz, wo ein qualitativ ähnlicher Platz wohl das Doppelte gekostet hätte. Auch in diesem Stadion gab es vor dem Spielbeginn einen Moment des Gedenkens für die in den Kriegen gefallenen Briten.

Carrow Road, home of Norwich City

Das Spiel für Norwich City verlief äusserst schlecht. Nach 15 Minuten führte Blackburn bereits mit 0:2, nach 49 Minuten mit 0:3. Das Spiel schien gelaufen. In der 54. Minute erhielt Wharton von Blackburn wegen einer Notbremse die Rote Karte. Geht hier noch was fürs Heimteam? Gleich 4 Spieler wechselte Norwich in der 60. Minute ein, darunter Christian Fassnacht. Er ist einer der technisch besseren Spieler des Teams und probierte, seine Mannschaft auf dem Feld zu dirigieren. Erst in der 92. Minute gelang Sara von Norwich City das 1:3. Viel zu spät, um hier noch Punkte zu holen. Das Spiel ging also verloren – und man kann sagen sang- und klanglos. Das ganze Stadion buhte die Spieler nach dem Schlusspfiff aus, einzelne sangen „sacked in the morning“ und meinten damit, dass der Trainer David Wagner morgen entlassen wird. Spoiler: am Montag Abend ist er noch Trainer…

Während des Spiels fiel uns eine Schweizer Fahne auf, welche auf der Tribüne aufgehängt war. Klar zu Ehren von Fassi! Nach dem Schlusspfiff wurde die CH-Fahne runtergenommen und eine YB-Fahne wurde aufgehängt. Fassi hat dies gesehen und ging danach zu diesen YB-Fans und hat mit ihnen noch kurz gequatscht und Selfies gemacht.

YB-Fahne am Spiel von Norwich City

Ich hatte ein YB-Leibchen in der Tasche und stellte mir vor, dass ich das nach Spielende in die Höhe halte und Fassi dann zu mir kommt. Aber ich sass wirklich schlecht, um dies durchziehen zu können – und eben, die YB-Fahne war grösser…

Wir verliessen das Stadion und wollten wieder nach Cambridge fahren. Es war jedoch recht anspruchsvoll, den Parkplatz beim Shopping Center zu verlassen – wir steckten wirklich längere Zeit im Stau… Aber irgendwann schafften wir es trotzdem noch, die Stadt zu verlassen und bei recht gutem Wetter zurück nach Cambridge zu fahren, wo wir uns im Hotel einen Moment der „befohlenen Ruhe“ gönnten.

Nächster Fixpunkt war um 18:30 Uhr: „Geistertour in Cambridge mit einem Alumnus der Universität – Erkunde eine der am meisten von Spuk heimgesuchten Gegenden des Landes und erfahre auf diesem geführten Rundgang mit einem Alumni der Universität etwas über die grausamen Dinge, die in der Vergangenheit an der Universität Cambridge passiert sind.“
Was uns hier wohl erwarten wird?

Zuerst mal erwartete uns der Italiener Francesco, welcher die Tour durchführte. Er hatte wirklich den gleichen Dialekt wie Joe Dolce.

Die Führung dauerte eine Stunde. Wir waren zu Fuss unterwegs und an verschiedenen Orten in der Innenstadt erzählte uns Francesco schaurige Geschichten von Geköpften, welche zwischendurch ins College kommen, oder ein Mädchen mit langen, schwarzen Haaren und einem weissen Kleid, welches in die obere Etage der Buchhandlung ging und dort einfach verschwand. Und zwar mehrfach!

Was ist in der Buchhandlung geschehen?

Er erzählte auch vom grossen Hund mit den leuchtenden, roten Augen, dem man nicht in die Augen schauen darf, sondern man soll sich einfach möglichst schnell von Dannen machen…

Die Tour endete beim Eagle Pub, welches auch Geister beherbergt: Vor x hundert Jahren hat in der oberen Etage ein Zimmer gebrannt und zwei Kindern sind in den Flammen umgekommen. Nachdem das Zimmer wieder renoviert wurde, sind die Kinder immer in diesem Zimmer erschienen. Erst als man das Fenster geöffnet hatte, konnten die Geister aus dem Zimmer gehen und seither hat man die Kinder nicht mehr gesehen oder gehört. Und dieser Glaube hielt sich bis heute und das Zimmer hat immer noch geöffnete Fenster:

Geöffnetes Fenster beim Eagle Pub in Cambridge

Nun, das Eagle Pub hat aber noch eine ganz andere Geschichte:

Das Eagle Pub wurde 1667 eröffnet und diente als Coaching Inn, das heisst, die Pferde konnten versorgt werden und man konnte dort übernachten. Es ist das zweitälteste Pub in Cambridge nach dem Pickerell Inn. Das Lokal gehört zum Corpus Christi College von Cambridge.
Während des 2. Weltkriegs haben alliierte Piloten, welche dort stationiert waren, ihre Namen, die Geschwadernummer und andere Dinge an die Decke der hinteren Bar geschrieben. So wollten sie sich noch verewigen, vielleicht war der Flug am nächsten Morgen ja der letzte? Das Pub wurde anschliessend als RAF-Bar (Royal Air Force) bekannt.

Das Pub diente auch dazu, dass Mitarbeitenden des Colleges hier essen gingen. Am 28. Februar 1953 unterbrach Francis Crick um die Mittagszeit die Essenden und erklärte, dass er und James Watson „das Geheimnis des Lebens“ entdeckt hätten. Dies gilt heute in der Wissenschaft als Geburtsstunde der DNA-Struktur.
Damit war das Pub durchaus geschichtsträchtig. So geschichtsträchtig, dass wir nach der Geisterführung dort auch noch gegessen hatten.