In Korea heissen viele Leute „Kim“. Wie hier bei der Aufstellung des koreanischen Fussballteams zu hören ist:
Heute wollen wir aber zu Kim im Norden. Also nicht direkt zu ihm, sondern nur an die Grenze. Nach Nordkorea kann man nicht einfach „nur so“ einreisen, dahin kann man nur organisiert gehen. Heute haben wir also einen Ausflug zur Grenze zwischen Süd- und Nordkorea gebucht. „Halbtagestour ab Seoul“ hat es in der Ausschreibung geheissen – und diese startete um 6:30 Uhr! Der Wecker wurde auf 5:00 Uhr gestellt und schon bald waren wir auf der Strasse und gönnten uns einen 30-minütigen Spaziergang zum Treffpunkt. Die Instruktionen, welche wir im Vorfeld per WhatsApp erhalten haben waren sehr präzise und wir fanden auch unseren Bus mit dem Kennzeichen 6225. Unser Guide Brian (natürlich Kim mit Nachnamen) nahm uns in Empfang und schon bald ging es mit dem Bus durch die Gassen Seouls in Richtung Norden. Während der Fahrt haben wir uns via Wikipedia noch kurz mit der Geschichte Koreas auseinandergesetzt, welche nicht so toll ist. Japanische Besatzung von 1910 bis 1945, dann Aufteilung in Nord (Schutzmacht Russland) und Süd (Schutzmacht USA), dann der Einmarsch Nordkoreas in Südkorea 1950 und ein dreijähriger Krieg, welcher das Land in Schutt und Asche legte. Dann wurde ein Waffenstillstand vereinbart, welcher bis heute gilt. Genau: es gab keinen Friedensvertrag, die beiden Länder sind eigentlich immer noch im Krieg – aber man hält sich an den Waffenstillstand. Mehr oder weniger. In Imjingang war der erste Halt. Blick auf den Fluss Imjin, welcher vom Norden her kommt, aber dann in Südkorea ins Meer mündet. Blick auf die Pfeiler einer ehemaligen, zerbombten Brücke, welche noch aus dem Wasser ragen. Blick auf die rekonstruierte Eisenbahnbrücke, welche für die Verbindung Süd-Nord gebaut wurde, aber in friedlicheren Zeiten nur durch einen Touristenzug nach Dorasan (der letzte, nördlichste Bahnhof in Südkorea) benützt wird. Aber die Verbindung ist aktuell eingestellt, weil die Situation seit den Raketentests vom nördlichen Kim wieder angespannt ist. Es hat auch zwei Gedenkstätten, welche daran erinnern, dass mit der Grenzschliessung zum Norden sehr viele Familien bis heute getrennt wurden. Man kann hier nicht „einfach so“ mal die Familie besuchen gehen, wie damals von der BRD aus in die DDR. Es gibt einfach keinen Kontakt.
Von hier aus ging es weiter in die DMZ, die demilitarisierte Zone. Am 38. Breitengrad wurde von der UNO eine Zone definiert, welche als Puffer zwischen Nord und Süd dient. Diese kann vom Süden her besucht werden, aber nur, wenn man registriert ist. Dies wird von den Soldaten am Checkpoint genau kontrolliert, inklusive Kontrolle der Pässe im Bus. Touristen ist es erlaubt, in die DMZ zu gehen, die Bevölkerung innerhalb der DMZ darf ausreisen, muss aber vor dem Sonnenuntergang wieder zurück sein. Es sind rund 150 Menschen, welche in diesem Niemandsland leben, oft ehemalige Soldaten, welche sich nun als Bauern betätigen.
Der erste Stop in der DMZ war der „Dritte Tunnel“. Nordkorea hat bis heute (was zumindest bekannt ist) 4 Tunnels vom Norden in den Süden gebaut, um innert Kürze den Süden angreifen zu können. Vielleicht hat es auch noch mehr Tunnel, aber die wurden bisher von Südkorea noch nicht entdeckt. Tunnel Nr. 3 kann man besichtigen. Man geht zu Fuss durch einen gebohrten Gang in die Tiefe und kann dann etwa 100 m durch den entdeckten Stollen gehen. Und dann wieder zurück nach oben, und so hat man das tägliche Training auch schon erledigt…
Die Angst, dass der Norden den Süden angreifen kann, ist latent vorhanden. Im täglichen Leben hat man sich daran gewöhnt, aber auf der Tour wird dies den Touristen schon nochmals erklärt. Und man macht sich lustig über den kleinen dicken Kim. Oder zeigt Satellitenbilder mit Nachtaufnahmen der koreanischen Halbinsel – unten sieht man die Beleuchtung aller Städte und Dörfer, im Norden ist alles dunkel, ausser bei der Hauptstadt Pjöngjang sieht man einzelne Lichter. Wahr oder Propaganda? Wir können es nicht beurteilen, hinterfragen es aber auch nicht.
Der letzte Stop ist der 150m hohe Mount Dora. Hier gibt es eine Plattform, von welcher aus man über die DMZ nach Nordkorea schauen kann. Es sind extra starke Ferngläser montiert, damit man wirklich alles sehen kann, was im südlichen Teil des Nordens abgeht. Man sieht den 160 m hohen Fahnenmast mit der Nordkoreanischen Flagge, welcher als der höchste Fahnenmast der Welt gilt. Man sieht das Propagandadorf, welches ein dörfliches Leben zeigen soll, aber effektiv Kulissen sein soll. Auch dies lässt sich nicht überprüfen. Und plötzlich hört man die Touristen „Ich sehe Menschen!“ sagen. Ja, es hat Menschen in Nordkorea, und die können gesehen werden. Aber vielleicht sind es nur Schauspieler, welche das Propagandadorf beleben? Der ganze Ort ist irgendwie surreal: Die Terrasse, wo man zu Kim schauen kann, die Feststellung, dass es dort Menschen gibt. Und irgendwie das Gefühl, dass wir vom Norden sicher auch beobachtet werden. Aber es ist halt auch Weltgeschichte!
Nach diesem Aufenthalt auf dem Mount Dora geht’s wieder zurück nach Seoul. Natürlich zuerst am Checkpoint vorbei, wo die aus der DMZ ausreisenden Touristen wieder genau gezählt werden.
Gerne hätten wir auch noch Panmunjom besucht. Dort befinden sich genau auf der Grenze zwei blaue Baracken, wo Gespräche zwischen Nord und Süd stattfinden, die Joint Security Arena, JSA. Der Verhandlungstisch befindet sich genau auf der Grenze, damit jede Partei auf ihrer Seite bleiben kann, man aber trotzdem „gemeinsam am Tisch ist“. Dieser Ausflug ist leider nicht mehr möglich, da im letzten Jahr in US-Soldat von dort aus in den Norden geflüchtet sein soll. Dieses Risiko will man zurzeit nicht mehr eingehen. Die JSA steht übrigens unter „Kontrolle“ der Schwedischen und Schweizer Armeen. Die Schweizer haben die Aufgabe, schriftliche Verhandlungsdepeschen aus dem Süden in den Briefkasten des Nordens zu legen. Aber der Norden leert seit einigen Monaten den Briefkasten nicht mehr, so dass dieser überquillt.
In Seoul kommen wir gegen 14:00 Uhr an. Die Rückfahrt in die Stadt verläuft schleppend, der Verkehr ist dicht. Der Bus schafft es zur City Hall, wo wir aussteigen. Wir schlendern zu unserem Hotel, machen hier und dort noch einen Stop in Geschäften. Am späteren Nachmittag fahren wir zum Bahnhof Seoul, um zu schauen, wo morgen unsere Reise startet. In Bahnhofsnähe essen wir Znacht und gehen dann wieder zurück zum Hotel, wo wir die hoteleigene Laundry ausprobieren.
Seoul ist eine tolle Stadt! Morgen geht’s aber weiter Richtung Japan.