Heute ist Siebenschläfer-Tag. So wie das Wetter heute sein wird, so wird es die nächsten sieben Wochen sein, sagt der Volksmund. Aber hallo, da kann man sich hier ja freuen. Schönstes Wetter und angenehm warm ist es, als wir uns auf den Weg zur morgendlichen Jogging-Runde machen. Der Weg führt uns an die Mulde und dort in einen Teil des Wörlitz-Gartenreichs, das sich zwischen Dessau und Wörlitz erstreckt. Ein Gartenreich, in dem sich Schlösser und Parkanlagen, eingebettet zwischen Seen, Flussläufen, Wiesen und Wälder, befinden (fast so wie im Pücklerpark in Bad Muskau bei der früheren Reise im Osten von Deutschland). Die Atmosphäre ist einzigartig: ein konstant lautes Zirpen der Grillen bildet den Grundton, dann und wann hört man einen Kuckuck und andere Vögel, es duftet intensiv nach Kamille und Lindenblüten, schattige und sonnendurchflutete Wegpassagen wechseln sich in angenehmer Folge ab. Einfach schön.

Zurück im Hotel gehen wir direkt frühstücken (wir sind ein wenig knapp dran, das Buffet wird um 10.00 Uhr abgeräumt…). Wir steigen ins Auto und machen uns auf den Weg Richtung Ferropolis.
Auf dem Weg dorthin machen wir bei einem Penny-Markt halt, um noch Sonnencrème zu kaufen, sonst enden wir im Osten als Rothäute. Die Reise führt durch die Ortschaft Oranienbaum. Eigentlich wollten wir hier durchfahren, doch das Städtchen mit der schönen Altstadt und einem Marktplatz, der im Vergleich zu vielen anderen Städten im Osten von Deutschland nicht als Parkplatz genutzt wird, lässt uns nicht einfach vorbei ziehen. Haupt-Eyecatcher in Oranienbaum ist das von niederländischem Barock geprägte Ensemble aus Schloss, Park und zugehöriger Siedlung, das sich Fürstin Henriette Catharine von Anhalt-Dessau dort hat bauen lassen. Die Häuser im inneren Teil der Stadt sind recht gut erhalten und teilweise mit Tafeln versehen, auf denen erklärt wird, wofür das Gebäude früher genutzt wurde. Da ist z.B. die Schmide, die bis 1990 geführt worden ist und die gemäss Beschrieb im inneren des Hofes, der leider nicht zugänglich ist, immer noch zu Teilen erhalten ist.

Wir setzen unsere Reise Richtung Jüdenberg fort und kommen kurzum in Ferropolis – der Stadt aus Eisen – an. „Willkommen in Ferropolis“ prangt ein grosses Schild am Eingang zur „Stadt“. Stadt? Die riesige aufgelassene Braunkohlegrube Golpa-Nord ist zum technischen Museum umfunktioniert worden. Fünf schwere Baggergiganten (der grösste ist 125 m lang), jeder mit seiner eigenen Geschichte, bilden die Kulisse dieser „Stadt“. Aus dem Ausstellungsprospekt:

„Sie begeben sich auf eine Reise in die Vergangenheit und in die Zukunft. Ferropolis, die Stadt aus Eisen, berührt den Geist und erzeugt Emotionen. Eine junge Landschaft der Kontraste. Eine zukunftsorientierte, eindringliche Gegenwart, die ganz bewusst mit der Vergangenheit spielt.“

Auf einer Audio-Führung erkunden wir die Stahlkolosse und erfahren mehr über ihre Geschichte. Im neu geschaffenen Gremminer See, in dem die Halbinsel mit der „Stadt“ liegt, nehmen wir ein erfrischendes Fussbad. Aber es ist warm, sehr warm. Die fünf Bagger tragen alle einen Namen: Eimerkettenbagger „Mad Max“, Absetzer „Medusa“, zweiteiliger Absetzer „Gemini“, Raupensäulenschwenkbagger „Mosquito“ und Schaufelradbagger „Big Wheel“. „Gemini“ ist das einzige Gerät, das für Besucher geöffnet ist. Wahnsinn! Die Stadt aus Eisen verfügt auch über eine 25’000 Menschen fassende Arena, die in den vergangenen Jahren eine sehr grosse Anziehungskraft entwickelt hat. Die Spannung zwischen Musik, Licht, Natur und den stählernen Relikten der ehemaligen Industrieregion sorgt für eine einmalige Atmosphäre. Die Arena bietet perfekte Akustik in einer aufregenden Kulisse (Konzerte z.B. von Herbert Grönemeyer, Metallica, Peter Maffay, Björk, Die Toten Hosen etc.).

Martin stattet der Ausstellungshalle noch einen kurzen Besuch ab. Da das Restaurant vor Ort geschlossen hat, fahren wir nach Wörlitz, wo wir uns auf dem erholsam schattigen Marktplatz eine kleine Erfrischung gönnen.

Wir geniessen die Ruhe und das idyllische Stadtbild von Wörlitz. Die Sonne und die Wärme in Ferropolis haben uns ein wenig zugesetzt. Deshalb entscheiden wir uns, nach Dessau zurück zu fahren und dort noch im Rathaus-Center einige Besorgungen zu machen.

Bei der Rückkehr nach Dessau sind wir uneins, ob uns Dessau nun gefällt oder nicht. Schwierig zu sagen. Es hat hübsche Plätze, aber irgendwie auch ganz viel „Platte“ (Plattenbau). Dazu kommt, dass am Abend gewisse Strassenzüge wie ausgestorben und daher wenig einladend wirken. In einem Bürgertreff im Zentrum von Dessau wurde die Initiative „1’000 Gründe in Dessau zu leben“ lanciert. Über den Daumen gepeilt, hängen etwa 170 Karten mit aufnotierten Gründen „pro Dessau“ im Schaufenster des Treffs. Ob es eben doch nicht mehr Gründe dafür gibt?

Nachdem wir unsere Einkäufe erledigt haben, gehen wir ins Restaurant „Ratskeller“ mit einem kleinen Biergarten, in dem wir ein feines, gemütliches Abendessen in angenehmer Umgebung geniessen.

Statistisches: 60 km