Nun mal alle ehrlich: Stellt euch vor, ihr wäret in Kanada auf einem Campingplatz, irgendwo in der Pampa. Schön romantisch gelegen, mitten im Wald. Mitten in der Nacht spürt ihr ein Bedürfnis, euch zu erleichtern. Was wählt ihr in diesem Fall?

a) Ich marschiere 300 m vom Van zum Plumpsklo und wieder 300 m zurück und setze mich der Gefahr von Bären, Pumas und Mücken aus

b) Ich setze meinen wohlgeformten Eisenbahnerhintern auf die Toilette im Van und feiere das als Premiere, da ich noch nie zu diesem Zweck auf einem A4-grossen Teil gesessen habe

c) Ich mache ins Bett

d) Ich ignoriere meinen Körper

Antworten bitte bis zum 14.7.2005 an die folgende Adresse senden:

Camper Survey

Governement

3000 Kanada

Unter den Teilnehmenden wird ein tosender Applaus verlost.

Und nun zum Tagesbericht:

Wir haben den Wecker auf 6:45 Uhr gestellt, und waren wohl die ersten Menschen in diesem Park, die so früh aufgestanden sind. Wir wussten, dass die Duschen zwischen 6.00 AM und 8.00 AM gereinigt werden und wollten dann bereit sein, wenn es los ging. Und das klappte durchaus.

Frisch geduscht fuhren wir also über den Highway #11 in Richtung Rockies. Die Gegend war wunderschön, hinter jeder Kurve wartete wieder ein neues Bild auf uns. Das Wetter spielte nicht unbedingt so mit, wie wir uns das vorstellten, so alle 10’ hat das Wetter gewechselt, und zwar von wüst auf hässlich.

Bei der Saskatchewan River Crossing mündeten wir in den Highway #93 ein, auch bekannt als Icefield Parkway. Dieser Highway stellt die Verbindung zwischen Lake Louise und Jasper her und gilt landschaftlich als eine der schönsten Strecken (hier weiss ich leider nicht, ob es die schönste Strecke Albertas, Kanadas, Nordamerikas oder der Welt ist. Eh, spielt ja auch keine Rolle). Nach einigen Kilometern kamen wir beim Columbia Icefield vorbei. Dort hat man die Möglichkeit, mit Bussen, welche mit riesigen Schneepneux ausgerüstet sind, auf den Gletscher zu fahren. Diese Möglichkeit liessen wir links liegen und fuhren mit dem Auto bis zur Gletscherzunge. Jahresschilder zeigten uns, wie die Gletscher geschmolzen sind. In den letzten 100 Jahren sind die Gletscher hier oben sicher 500 m zurückgegangen! Wer da noch nicht den Link zur globalen Erwärmung macht, ist selber schuld.

Weiter gings dann wieder nordwärts Richtung Jasper, als auf der Beifahrerseite plötzlich ein Bär am Strassenrand war. Bettina konnte vor lauter Freude und Überraschung den Satz “Martin, mein lieber Gatte, hättest du eventuell die Güte das Fahrzeug abzubremsen und auf den Pannenstreifen zu stellen, da ich soeben ein Säugetier der Gattung Bär erblickt habe und diesen Anblick noch ein bisschen geniessen möchte” nicht aussprechen und brachte nur grad “E Bär” heraus. Leider waren wir schon ein bisschen zu weit weg gefahren, so dass wir rückwärts fahren mussten, um die Stelle zu finden. Klar war das Beifahrerfenster schon unten und der Fotoapparat griffbereit, als wir beim Bären angelangt waren. Als der Bär irgendwie Anstalten machte, in Richtung uns zu kommen, hatte Mann ein Praxisbeispiel vor Augen, wie man es nur selten zu sehen bekommt: “Die Reaktion einer Beifahrerin im Wechselspiel von Gwunder und Vorsicht”. Reell hat das so ausgesehen, dass man wegen dem Gwunder den Kopf draussen hat, um den Bären zu sehen, aber aus Vorsicht den elektrischen Fensterheber betätigt… Den Abdruck der Fensterscheibe am Kinn sieht man noch heute, 3 Tage später…

Ah, der Bär hatte dann das Weite gesucht und ward nicht mehr gesehen.

Interessanterweise wiederholte sich das Ganze 400 m weiter noch einmal: Wieder einen Bären entdeckt, wieder daran vorbei gefahren, wieder zurück, aber nein, dieses Mal blieb der Kopf im Fahrzeug… Aber auch hier war der Bär schon weg, als wir zum Sichtungsort kamen.

Kurz vor Jasper gingen wir auf den Campground ‘Whistler’. Der Campground ist ideal gelegen. Seit diesen Frühling hat die Kanadische Parkverwaltung die Reservationsmöglichkeit von Campsites über Internet eingerichtet. Dank unserer Vorreservation erhielten wir noch einen Platz.

Nach dem Einchecken fuhren wir nach Jasper. Beim Dorfeingang kamen wir an einem Rudel Hirsche vorbei, welche so provokativ im Gras ästen, dass sie fotografiert werden mussten. Ich habe das Wort ‘äsen’ mal in der Schule gelernt und mich immer gefragt, wann ich es mal brauchen kann. Schön, dies erleben zu dürfen! Während der Hirschfotosession telefonierte ich mit BC Ferries, um uns den Fährenplatz von Prince Rupert nach Prince Hardy bestätigen zu lassen. Leider waren wir immer noch auf der Warteliste, so dass wir auf die Fährenfahrt verzichteten. Wären wir ab Jasper nach Prince Rupert gefahren und keinen Platz auf der Fähre gehabt, hätte dies einen Umweg von 1200 km bedeutet. Nun beschlossen wir, direkt nach Vancouver zu fahren und dann noch auf Vancouver Island zu gehen. Die Fährenfahrt sparen wir uns für eine andere Reise auf.

Der Stadtbummel in Jasper war nicht sehr ausgedehnt, die Stadt ist einfach zu klein. Für Einkäufe im Christmas Shop reichte es aber trotzdem…

Im Earls assen wir was. Dabei hatte ich nicht grad eine glückliche Menuauswahl getroffen – der Food war einfach viel zu gesund! Warmer Randen und Zucchetti sind nicht meine Favourites – aber Bettinas… Schön, solche Dinge abschüfelen zu können!

Nach dem Essen trafen wir im Städtchen eine Familie aus der Schweiz, mit welcher wir schon bei der Hirschfotosession gesprochen haben. Die Kids schickten sie ins Kino, Romy und Daniel kamen dann mit uns ins Bier. War noch nett mit ihnen zu plaudern. Sie stammen aus Wohlen AG, Daniel ursprünglich aus Kerzers, hat mal bei Sparta bei den Junioren geschuttet, dann in der 4. Liga von Sparta und hat die Jungs dann in die 3. Liga geschossen. Als er mal vom Trainer nicht aufgestellt wurde, hat er die Freigabe vom Verein verlangt… (#8, kennst du den? Frag mal den Ürsel. Daniel ist in meinem Alter, nur 10 Jahre älter).

Nach ein paar Alkohols gings zurück zum Camping, wo wir auf Grund der geänderten Reisepläne noch eine Nacht nachbuchten – leider aber nicht mehr auf ‘unserem’ Platz, sondern nur noch auf einem mit ‘unservice’. Also ohne Stromanschluss für die Mikrowelle, kein TV, kein DVD – nix, nur eine Feuerstelle…