Duomo San Gerlando

Ostersonntag in Agrigento. Irgendwo klingelt immer wieder ein Morgen-Glöckchen (es werden nicht nur die ganzen Stunden, sondern auch die Viertelstunden geschlagen, z.B. Um 07.15 Uhr, 7 Stundenschläge in einem Ton und 1 Viertelstundenschlag in einem anderen Ton). Wir erwachen kurz nach 7 Uhr und geniessen den frühen Morgen und vor allem die angenehme Zimmertemperatur (im Vergleich zum Monolocale in Licodia) in unserem B&B „Mille e una Notte“. Gut ausgeruht und unternehmungslustig starten wir in den Tag. Das Frühstück besteht wie in den letzten Tagen aus einem Cappuccino und verschiedenen Cornettos. Wir lassen's ruhig angehen und erhalten von einer Mitarbeiterin (Silvia) noch Tipps zu Lokalen, in denen wir heute Abend essen gehen könnten. Die aus dem Gespräch resultierende Reservation nimmt Silvia gleich vor. Danach machen wir uns auf ins Städtchen. Es herrscht ostersonntägliche Ruhe. Die erste Station unserer Reise ist der Duomo di San Gerlando.

Duomo San Gerlando

Der Dom – eine gotische Kathedrale – ist an höchster Stelle der Stadt im 11. Jahrhundert errichtet worden. Die mit wunderschönen Ornamenten und Heiligenfiguren bemalten Holzdecken stammen aus dem Jahre 1518. Die bauliche Substanz des Doms hat in den letzten Jahren arg gelitten. Nebst dringenden Renovationsarbeiten am gesamten Bau (teilweise sind diese bereits erfolgt), bildet die akute Einsturzgefahr (Kollaps der tragenden Gesteinsschicht) bis auf weiteres das grösste Problem. Bauarbeiten für die Konsolidierung des Untergrundes wurden im 2016 in Angriff genommen. Aber erstmal bitte ein wenig Pazienza.

Santa Maria dei Greci

Nach dem Besuch der Kirche steigen wir auch noch auf den rechteckigen Campanile, der auf 400 M.ü.M. eine schöne Aussicht auf Agrigento gewährt. Durch enge Gässchen, unzählige Treppen und teilweise sehr hübsche Hinterhöfe gelangen wir zur Kirche Santa Maria dei Greci. Das Kirchlein wurde an der Stelle des ehemaligen Athene-Tempels errichtet. Etwas verwunschen wirkt das Portal im Stil der katalanischen Gotik zwischen Bäumen und Büschen des kleinen Kirchengartens. Im Inneren sind Säulenstümpfe (dorische Ordnung) und ein Teil des Kapitells zu sehen.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in unserem B&B (es hat zu regnen begonnen, und wir holen unsere Schirme) machen wir uns auf in Richtung Bahnhof Agrigento Centrale (es regnet bereits nicht mehr). Diesmal nicht um Züge zu fotografieren, sondern um auf einen der Busse (Linien 1, 2 und 3) zu warten, die uns zum Tal der Tempel bringen sollten. Sollten. Denn nach fast einer Stunde Wartezeit in bester Gesellschaft mit anderen Reisenden stellt sich heraus, dass offensichtlich am Ostersonntag-Nachmittag die Busse erst wieder ab 16.00 Uhr fahren.

Concordia-Tempel

Wir kehren zum Hotel zurück und fahren mit unserem Auto ins Tal der Tempel (Fahrzeit von 10 Minuten). Dort angekommen statten wir als erstes dem Concordia-Tempel einen Besuch ab. Dieser dorische Tempel (480 – 430 v. Chr.) ist sensationell gut erhalten und eine echte Attraktion. Der Bischof von Girgenti vertrieb im 6. Jh. alle heidnischen Dämone und weihte den Bau den Aposteln Petrus und Paulus. Bis zum 18. Jh. diente die Kultstätte sodann als Kirche – und ist wohl deshalb in einem so guten Zustand. 34 Säulen und das Gebälk stehen noch und vermitteln einen hervorragenden Eindruck der dorischen Tempelarchitektur. Nur die sechs Bögen in den Seitenwänden des Innenraums stammen aus der christlichen Epoche.

Hera-Tempel

Weiter geht es zum Hera-Tempel, der erhöht auf einem Felsvorsprung liegt. Der Hera-Tempel ist weniger intakt als der Concordia-Tempel aber nicht weniger imposant. Mittlerweile hat das Wetter auf „voll schön“ gewechselt. Der blaue, wolkenlose Himmel bildet einen tollen Kontrast zu den gelbsteinigen Monumenten. In den herumliegenden Säulen-Teilen aber auch auf dem Untermaterial bei den Tempeln machen wir verschiedene Muscheleinschlüsse bzw. Versteinerungen aus. Wahnsinn, diese Details relativieren die Geschichte, die hier vor über 2'500 Jahren geschrieben wurde nochmals um eine lange Zeit. Wir sind echt beeindruckt. Wir setzen unseren Spaziergang im westlichen Ausgrabungsareal fort. Auch hier gibt es viel Interessantes zu sehen: Tempel des olympischen Zeus (ursprünglich im Ausmass von 56.30 Meter x 112.60 Meter ein Monument des Triumphes über die Karthager. Überlebensgrosse Atlanten trugen das Gebälk, ein Duplikat der Figuren liegt aus den Bruchstücken zusammengesetzt zwischen den Tempelruinen.) und der Dioskurentempel (mit vier wieder aufgerichteten Säulen).

Zeus-Tempel

Anziehungspunkt für alle ist die Atlanten-Kopie aus Metall, die auf dem Weg zum Concordia-Tempel arrangiert ist. Die Mannes-Figur mit Flügeln ist nackt und verfügt über ein stattliches Gemächt. Fast schon magisch zieht das Teil Augen und Hände an. Alle fotografieren den Atlant, haben aber meistens ein Körperteil speziell im Fokus. Speziell lustig mitzuerleben: Italienische Kinder gehen zur Figur hin und berühren mit Freude das Gemächt. Die Mütter intervenieren energisch: „No, no … non si tocca!“.

Non si tocca!

Gegen 18.30 Uhr verlassen wir dieses eindrückliche, geschichtsträchtige Areal. Mit dem Auto geht's zurück in die Stadt, wo wir uns jetzt halt auf die Suche nach einem neuen Parkplatz machen müssen. Wir werden schliesslich fündig. Auf direktem Weg geht es weiter ins Restaurant Sal8, wo wir uns ein feines Fisch-Abendessen gönnen. Müde aber einmal mehr glücklich, ob all den schönen Eindrücken kehren wir in unser B&B zurück.