Ich habe wenig, aber gut geschlafen. Woody hat wenig und schlecht geschlafen. Seine neue Schlafposition ist für ihn offenbar noch ungewohnt. Zum Frühstück habe ich aus den letzten 2 Kalabrien-Orangen zwei volle Gläser Jus gepresst. Dies wird das letzte Frühstück auf dieser Reise in Italien sein. Gestern haben Woody und ich beschlossen, dass wir am Abend mit der Fähre von Bari nach Dubrovnik fahren und somit das nächste Frühstück in Kroatien sein wird.

Das Ausparken aus der Fahrzeugreihe war ähnlich spektakulär wie das einparken. Der von mir vorgeschlagene Weg war dem Camping-Boss zu einfach und wir vollführten ein grösseres gira-destra-sinistra-Attenzione-vai-ok-destra-Manöver. Fahrten in Städten mit ihren engen Gassen waren weniger Furcht einflössend als das Gewinke dieses Camping-Francescos. Aber auch das schafften wir dann irgendwie. 

Der erste Tagesstop war das Puglia-Outlet ein paar Kilometer ausserhalb von Molfetta, dem Nachbarstädtchen von Bisceglie. Beim Namen „Outlet“ habe ich immer das Gefühl, dass ich in den nächsten Stunden riesige Schnäppchen machen werde. Und Mal für Mal stelle ich fest, dass ich wenig bis nix kaufe. Ich buche das jeweils unter der Bezeichnung „Shopping-Erlebnis“ ab. Toll an diesem Outlet war das flächendeckende schnelle WLAN. So sassen wir einen Moment hin und buchten die Fahrt auf der Fähre von Bari nach Dubrovnik. Die elf Stunden Fahrt kosteten fast das Doppelte wie die 19 Stunden auf der Fähre von Genova nach Palermo… Oder waren das die Last-Minute-Preise?

Bis zur Abfahrt des Schiffes blieb noch Zeit. In meiner Google-Liste „Dinge die ich auf meiner Reise wenn möglich sehen will“ war die Stadt „Altamura“ drauf. Keine Ahnung, warum ich diese auf die Liste genommen habe, aber wir fuhren hin. Die Zufahrten zum Zentrum von Altamura waren abgesperrt und wir mussten ausserhalb parkieren. Als wir ins Zentrum kamen, sahen wir auch warum das Zentrum abgesperrt ist: Es fand das grosse Federicus-Fest statt! Federicus ist der Stadtgründer und jährlich verwandelt sich die Stadt zurück ins Mittelalter. Viele Besucher tragen mittelalterliche Kleidung und auch die Strassenmusiker spielen Musik aus dieser Zeit (damals wohl aber noch ohne Verstärker…). Wir genossen es, durch die engen Gassen zu gehen und den vielen Attraktionen zuzuschauen. Aber es hatte wirklich SEHR viele Leute an diesem Fest und irgendwann ist man dann auch froh, wieder aus dem Städtchen raus zu können. 

Auf dem Weg zum Parkplatz machten wir Halt in einem Caffé. Dort lag die rosarote „Gazzetta dello Sport“ auf und sie hatten tatsächlich einen Bericht drin über YB: „Il ritorno del vecchi Giovani Ragazzi“ haben sie den fast dreiviertel Seiten langen Bericht betitelt. Ich erzählte dem Barkeeper die Wichtigkeit dieses Berichtes und fragte, ob ich den Artikel allenfalls rausreissen und mitnehmen dürfe. Mit einem verachtenden Blick und einer entsprechenden Handbewegung sagte er wohl „Klar, nimm den Mist, das interessiert hier eh niemanden. Ausser die Serie A ist alles in Europa Mist. Aber wenn du dies unbedingt willst – werde glücklich damit!“ Ich riss den Artikel raus und zeigte ihn einem älteren Gast in diesem Caffé. Mit einem verachtenden Blick und einer entsprechenden Handbewegung sagte er wohl „Klar, nimm den Mist, das interessiert hier eh niemanden. Ausser die Serie A ist alles in Europa Mist. Aber wenn du dies unbedingt willst – werde glücklich damit!“. Dann kam mein Auftritt: ich fragte ihn, was er im Juni so mache, wenn die Fussball-WM läuft. Ob er dann Holland unterstütze? 🙂 Er holte tief Luft und setzte zu einem Referat an, in welchem er mir während den nächsten 20 Minuten erklärte, was im italienischen Nationalteam falsch laufe. Er hat sein Referat im Jahre 1970 bei der WM in Mexiko angefangen… Nun weiss ich alles. Und er unterstützt übrigens Deutschland, weil die den schönsten Fussball spielen.

Wir fuhren weiter nach Bari. Zuerst gingen wir einchecken und fuhren dann zur Mole 3, wo das Schiff beladen wird. Es verläuft alles wie erwartet und wir können recht schnell aufs Schiff fahren. Die MV Dubrovnik der kroatischen Reederei Jadrolinjia ist kleiner als das Schiff von Genua nach Palermo, aber älter. Der Kahn aus den 1970er-Jahren hat seine besten Zeiten schon längere Zeit durch. Heute hat es offenbar nicht viele Leute, denn auf dem Autodeck bleiben viele Plätze leer. Wir beziehen unsere Zweierkabine welche recht klein ist, aber durchaus komfortabel. Wir haben auch gleich das Nachtessen mitgebucht und gehen noch vor Abfahrt ins Bordrestaurant. Suppe – Spaghetti – Salat – Rumpsteak – Früchtekuchen und Käse. Ein klassischer Sechsgänger… Nach dem Essen schauen wir noch einen Moment der Ausfahrt aus Bari zu und gehen anschliessend in die Koje.

Woodys Tag